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Text von Samstag, 13. Mai 2006

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 Schlappe für Schlapphüte: HU Hessen zur BND-Affäre 
 Marburg * (atn/pm)
Die skandalösen Praktiken des Bundesnachrichtendienstes (BND) bei der Bespitzelung von Journalisten verurteilt die Humanistische Union (HU). Der hessische HU-Landessprecher Franz-Josef Hanke forderte am Samstag (13. Mai) in Marburg eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe des Sonder-Ermittlers Gerhard Schäfer.
Nach dem Bericht des ehemaligen Bundesrichters war die Bespitzelung des Publizisten Erich Schmidt-Eenboom durch den BND kein einzelfall. In mehreren Fällen hatte seinen Angaben zufolge der deutsche Auslands-Geheimdienst bis in das Jahr 2005 hinein im Inland Journalisten überwacht. Auch habe er Journalisten auf Kollegen angesetzt, um herauszufinden, woran sie arbeiten.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (SZ) sind vor allem Journalisten des Hamburger Magazins "Der Spiegel" Opfer dieser unrechtmäßigen Überwachungspraxis geworden. Aber auch das Münchener Magazin "Focus", die Süddeutsche Zeitung und den "Stern" hatte der BND im Visier.
Dies drängt der HU den Eindruck auf,dass der Geheimdienst vor allem investigative Recherchen überwachen wollte. Für Hanke stellt sich damit die Frage, ob die Überwachung auch Informationen für spätere Einschüchterungsversuche oder Erpressungsmanöver liefern sollte.
Die Bespitzelung der Presse war dem BND anscheinend teuer: Immerhin hat er dem Bericht zufolge einem Focus-Journalisten 600.000 DM bezahlt, damit er seine Kollegen ausspioniert.
Diese Aktionen verurteilt die HU Hessen entschieden. Die Pressefreiheit darf nach ihrer überzeugungnicht durch Geheimdienste bedroht oder gar eingeschränkt werden. Auch die Funktion der Presse als "Vierte Gewalt im Staate" dürfe nicht gefährdet werden.
Deswegen fordert die HU Hessen die Bundesregierung auf, diese Praktiken unverzüglich zu beendigen. Außerdem müsse sie den BND wirkungsvoller kontrollieren.
Zwar hält die HU - wie es der EX-Inenminister Otto Schily noch in seiner Zeit als bürgerrechtlich engagierter Rechtsanwalt formuliert hatte - die geheimdienste nicht für lückenlos kontrollierbar. Das belegen ihrer Auffassung nach auch die jüngsten Berichte über rechtswidrige Abhör-Aktionen des US-Geheimdienstes NSA unter der Leitung des Generals Michael V. Hayden, der Telefonverbindungen von 200 Millionen US-Bürgern in der größten Datenbank der Welt gesammelt hatte.
Kritik an der Neu-Gier der Geheimdienste hatte der Bundesvorstand der Humanistischen Union zuletzt im November 2005 in einer öffentlichen Stellungnahme zum Fall Schmidt-Eenboom geübt. Dem schließt sich auch der hessische Landesverband der größten und ältesten deutschen Bürgerrechtsorganisation an.
Nach Ansicht der HU Hessen muss die Bundesregierung alles unternehmen, um die ihr nachgeordnete Bundesbehörde BND an unrechtmäßigem Handeln zu hindern.
Hanke, der selbst freiberuflich als Journalist arbeitet und dem Landes- und Bundesvorstand der Deutschen Journalisten-Union (DJU) angehört, möchte wissen, ob auch in Hessen Journalisten Opfer von Bespitzelungen oder Anwerbe-Versuchen geworden sind. Er vermutet, dass neben dem BND auch der Verfassungsschutz und der Militärische Abschirm-Dienst (MAD) ein verschärftes Interesse an Journalisten und ihrer Arbeit haben. Deswegen hält er eine lückenlose öffentliche Aufklärung im Deutschen Bundestag für unerlässlich.
 
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