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Text von Montag, 21. Februar 2005

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 Verdiente Verluste: In Kiel wackelt die Heide 
 Marburg * (fjh)
Abgewatscht haben Schleswig-Holsteins Bürgerinnen und Bürger ihre Ministerpräsidentin Heide Simonis. Nach einer stundenlangen spannenden Zitterpartie kam die SPD-Politikerin dank des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) zwar noch mit einem blauen Auge davon, doch ist ihre Partei die große Verliererin der Landtagswahl am Sonntag (20. Februar). Da hilt auch Franz Münteferings dummdreistes Schönreden der Wahlniederlage nichts!
Eingebracht hat der SPD ihre desaströse Niederlage in Kiel vor allem die geringe Wahlbeteiligung. Viele frühere Stammwähler waren einfach nicht an die Urne gegangen. Dagegen konnte der CDU-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen seine Wählerschaft recht gut mobilisieren.
Überzeugte Sozialdemokraten alten Schlags haben derzeit kaum einen Grund, ihre Stimme der SPD zu geben. Sie nennt sich zwar noch "Sozialdemokratische Partei", ist aber längst keine mehr. Traditionelle sozialdemokratische Grundüberzeugungen wie das Eintreten für soziale benachteiligte Mitmenschen und für Soziale Gerechtigkeit hat sie längst aus ihrer praktischen Politik verbannt. Deswegen ist ihre Stammwählerschaft nun auch so stark zusammengeschmolzen, dass sie kaum mehr als große Volkspartei angesehen werden kann.
Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wird erstmals auch die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (ASG) antreten. Das wird die SPD im größten deutschen Bundesland noch weiter unter Druck setzen. Der Parteivorsitzende Franz Müntefering erweckt mit seinen Äußerungen aber nicht den Eindruck, dass er ein realitätstüchtiges Konzept zur zukunftsfähigen Erneuerung der SPD besäße. Er und Bundeskanzler Gerhard Schröder vertreten vielmehr Konzepte, die genauso gut von der CDU oder von der FDP stammen könnten.
Einen Ausreißer im Abwärtstrend sozialdemokratischer Wahlergebnisse könnte man nun bei der Marburger Oberbürgermeister-Wahl ausmachen. Hier hatte der SPD-Kandidat Egon Vaupel am Sonntag (30. Januar) bereits im ersten Wahlgang 52,5 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt. Betrachtet man aber die absolute Zahl der Stimmen, so zeigt sich auch hier ein Abwärtstrend: Mit 14.160 Stimmen war Vaupel im Februar 1999 dem amtierenden Oberbürgermeister Dietrich Möller (CDU) angesichts seiner 17.228 Stimmen noch unterlegen. Im Januar 2005 genügten Vaupel 139 Stimmen weniger bereits zum Sieg im ersten Wahlgang.
Zudem ist der Bürgermeister gewiss kein Hardliner der Schröderschen "Modernisierungspolitik". Aber das war Heide Simonis wahrscheinlich auch nicht. Doch eine Landtagswahl - und das war wohl eine weitere Fehleinschätzung der einzigen Frau an der Spitze eines deutschen Bundeslandes - ist keine Persönlichkeitswahl. Nur mit dem Vornamen "Heide" auf allen Plakaten kann man eine Wahl eben nicht gewinnen.
Die Menschen erwarten von der Politik Lösungen für die gesellschaftlichen Probleme. Und sie dürsten nach Sozialer Gerechtigkeit. Auch vom Geplapper wirklichkeitsferner Parteivorsitzender lassen sie sich nicht für dumm verkaufen. Das wird die SPD spätestens bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen merken.
 
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