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Text von Montag, 7. Juni 2004

> b i l d u n g<
  
 Beruf: Christoph 
 Marburg * (muh)
Was Sie schon immer über die "Maus" wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten, das beantwortete am Sonntag (6. Juni) Christoph von der "Sendung mit der Maus". Am Nachmittag hatte er die Kleinen zum Experimentieren animiert, beim "Werkstattgespräch" des Kulturladens KFZ stellte sich Christoph Biemann am Abend den Fragen der Großen.
Biemann weiß: "70% unserer Zuschauer sind Erwachsene." Und unter deren Nägeln loderte einiges an Fragen.
Biemann erzählte, wie er 1972 nach seinem Studium an der Filmhochschule München zum "Maus"-Team stieß. Gemeinsam mit einigen anderen kritischen Pädagogik-Studierenden durfte er schließlich eine erste eigene Sendung gestalten. Dem folgte eine langjährige Zusammenarbeit mit "Maus"-Schöpfer Armin Maiwald.
Die "Lach- und Sachgeschichten" wurden immer erfolgreicher, Maiwald und Biemann im Laufe der Jahre für die heranwachsenden Westdeutschen zu Identifikationsfiguren. Bereits seit 1981 ist der Industriefilm-Produzent Biemann selbständig. Einige seiner aktuellen Sachgeschichten wurden den knapp 40 anwesenden Großmäusen im KFZ vorgeführt.
Biemann kennzeichnet "Die Sendung mit der Maus" als ein "Kind der 68er-Generation". Während in den USA bereits die "für unterprivilegierte Vorschulkinder" gemachte "Sesamstrasse" lief, war es hierzulande Kindern unter sechs Jahren gesetzlich noch verboten, fernzusehen. Ein neues Kleinkind-TV musste her, und vor allem sollten die Kinder endlich ernst genommen werden!
Dabei, so gestand Biemann ein, sei man anfangs etwas übers Ziel hinaus gesprungen. Die "Maus" sei zu Beginn "richtig herb" gewesen.
Mittlerweile ist sie deutsches pädagogisches Kulturgut - und einzigartig: die Maus, der Elefant, die Ente, die Filme mit dem Maulwurf, dem kleinen Eis- und dem flunkernden Blaubär, viele Zeichentricks, Kinderlieder und - natürlich - die pfiffig-dokumentarischen Sachgeschichten mit Armin und Christoph - nicht zu vergessen die zweisprachige Eröffnung.
Format und Repertoire der "Maus" bedienen gleich mehrere Altersstufen und sind Kult für alle von 3 bis 73.
Wo liegen die thematischen Grenzen der "Maus"? Biemann meint, diese seien mit einer Sendung über das Thema Tod sowie zuvor mit der - inzwischen berühmten - "Atom-Maus" im Zusammenhang mit Tschernobyl abgesteckt worden.
Die Sendung wurde mal wegen ihrer tendenziellen "Männerlastigkeit" kritisiert. Dem stimmte Biemann zu, sind Maiwald und er doch die einzigen Gesichter der "Maus". Wenn auch offiziell ein Neutrum, so behauptet der 52-jährige, trage wenigstens die Maus itsself "feminine Züge".
Ein Gast bemerkte ihre "skurrile Körperwahrnehmung". Klar, welche Maus ist erstens orange, zweitens größer als ein blauer Elefant und benutzt drittens wahlweise ihren Bauch als Stauraum?!
Dagegen verwundert es eigentlich, warum noch kein Linguist die "Maus-Sprache" mokiert hat, denn Sätze wie "Da hinten steht d e r Christoph" stellen - streng genommen - eine fortwährende Verletzung deutscher Grammatik dar! Doch das "Prinzip Maus" und seine unverwechselbar verständliche Sprache trotzt wohl auch sämtlichen Sprachforschern ehrfürchtige Anerkennung ab.
Wenn schon die Kritik machtlos gegenüber der "Maus" ist, ist es dann vielleicht irgendwann die Quote? Biemann: "Die "Maus" k a n n es ewig geben." Dieses Format könne auch nicht so leicht von den Privaten übernommen werden.
Biemanns einzige Sorge ist der Nachwuchs. Denn irgendwann werden auch "der Armin" und er zu alt für den Job sein.
Ebenfalls interessant ist Biemanns "Karriere" innerhalb der Sendung. Waren anfangs lediglich Körperteile von ihm zu sehen, ist "der Christoph" inzwischen zu einer absoluten Kultfigur geworden - und zwar als Ganzes. Angefangen vom türkis-grünen Sweatshirt - von dieser Farbe hatte er halt mal zwei im Schrank, mittlerweile hat er zehn -, bis hin zu Figurenentwicklung und Charakteristik - erst stets dumm, schließlich durch Neugier schlauer -: Biemann ist zum Medium zwischen Kinder- und Erwachsenenwelt geworden.
Ein großartiger Job! Der sympathische 52-jährige schmunzelt: "Ich bin von Beruf Christoph."
 
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