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Text von Dienstag, 30. July 2002


Arbeitslos: Genossenschaftsgründung als Ausweg?

Marburg * (sts)
Kein Geld, kein Job, was tun? Als Alternative eine Genossenschaft gründen, denn gemeinsam geht alles leichter! Am Dienstag (30. Juli) fand bei der Attac-Sommerakademie ein Seminar zu diesem Themenkomplex statt. Zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer informierten sich bei Christian Sternberg über die Möglichkeiten und Vorteile von Genossenschaften. Sternberg ist Mitbegründer der Mediendenkfabrik in Hamburg, einer Genossenschaft für Freiberufler in Kunst und Medien.
Doch was ist überhaupt eine Genossenschaft? Kurz gesagt ist sie ein Verein, der wie ein Unternehmen funktioniert und wirtschaftlich arbeiten muss.
Drei wesentliche Punkte kennzeichnen die Genossenschaft und grenzen sie vom Verein, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder der Kommanditgesellschaft (KG) ab: Die Genossenschaft verfügt über ein neutrales Kapital. Das heißt, dass man zum Beitritt Anteile kaufen muss, die einen unveränderlichen, in der Satzung festgelegten, Wert haben. Schon mit dem Kauf eines einzigen Anteils wird man Mitglied der Genossenschaft. Das entstehende Kapital darf nur zum Förderzweck der Kooperative verwendet werden. Spekulationen sind verboten.
Zweiter Punkt ist das Demokratieprinzip: Jeder Kopf hat eine Stimme, unabhängig von der Anzahl der gekauften Anteile. Aus den Reihen der Mitglieder werden ein Vorstand und ein Aufsichtsrat gewählt. Zur Gründung der Genossenschaft benötigt man, genauso wie zur Vereinsgründung, sieben Mitglieder.
Als dritter Punkt kommt der Förderzweck ins Spiel. Es muss festgelegt werden, wofür das Kapital eingesetzt wird. Durch einen Prüfverband wird dieser Förderzweck abgesegnet und die Wirtschaftlichkeit der Genossenschaft jährlich kontrolliert.
Die Vorteile dieser Organisationsweise liegen auf der Hand: Es muss kein großes Startkapital vorhanden sein, wie zum Beispiel bei der Gründung einer GmbH. Der Eintrag beim Genossenschaftsregister ist ebenfalls sehr viel günstiger. Bei einem Konkurs der Genossenschaft haftet der Einzelne nur mit seinem eingelegten Kapital. Diese Summe bewegt sich meist in einer Größenordnung unterhalb von 1.000 Euro .
Der Grundsatz des wirtschaftlichen Arbeitens begünstigt die Genossenschaft gegenüber einem Verein. Außerdem stehen ihr durch den Anteilsverkauf wesentlich mehr Geldmittel zur Verfügung.
Das größte Plus für die Genossenschaft ist aber ihre freie Gestaltungsmöglichkeit. Denkbar sind Genossenschaftsgründungen überall da, wo der Staat oder das Sozialsystem nicht greift. Beispielsweise wären die Gründung einer Pfleger-Pflegebedürftigen-Genossenschaft oder einer Krankenhausgenossenschaft ein Ansatz zur Krisenlösung im Gesundheitswesen. Gerade der berufsübergreifende Zusammenschluß kann von einer Kooperative bestens geregelt werden.
Erwerbslose könnten mit einer Genossenschaftsgründung gemeinsame Interessen wirkungsvoller vertreten, meint Sternberg. Das Internet bietet die Möglichkeit, Gleichgesinnte bundesweit zusammenzuführen. Der tägliche Weg zum Arbeitsamt könnte dann bald der Vergangenheit angehören.


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