Sie sind hier: marburgnews >

Politik


Heute ist Samstag, 27. July 2024

Text von Montag, 14. Januar 2002


Schutzwürdig: Marburg braucht eine "Lobby"

Marburg * (FJH)
Notwendig gewesen wäre sie schon lange. Aber jetzt ist sie endlich da: Die "Initiativgruppe Marburger Stadtbild und Stadtentwicklung" (IG MARSS) möchte sich künftig für den Erhalt des historischen Marburger Stadtbilds einsetzen. Das hat die Stadt leider bitter nötig.
Eigentlich wäre das Engagement für den Erhalt des historischen Stadtbildes die vordringlichste Aufgabe jedes Kommunalpolitikers. Aber Bürgermeister und Baudezernenten streben leider oft danach, ihrer Nachwelt etwas zu hinterlassen. Die Hinterlassenschaften manifestieren sich meist in Beton und oft auch noch in gigantischen Größen. Deswegen brauchen wir den neuen Zusammenschluss der Marburger Bürgerinitiativen.
Drei Punkte stimmen indes nachdenklich: Abgrenzen möchte sich die neue Initiative nach eigenen Angaben "von einem historischen Puppenstuben-Konservatismus". Sie betont, dass das historische Stadtbild sich durchaus auch mit moderner Architektur ergänzen könne. Die "Qualität" sei entscheidend.
Was aber versteht man unter "Qualität"? Die Architekten, die beispielsweise Marburgs Mitte verschandelt haben, bezeichnen ihre Machwerke ohne den geringsten Skrupel als "Qualität". Wichtig wäre also der schonende Umgang mit dem gewachsenen Stadtbild, dem möglichst wenig moderne Dornen ins Fleich gestoßen werden sollten.
Wenn die Initiativgruppe freudig vermeldet, an ihren Treffen hätten auch Architekten und Parlamentarier teilgenommen, dann ergeben sich daraus weitere Fragen: Wollen die Architekten sich über die Initiativgruppe nur eine Lobby für ihre Ideen und damit Grundlagen für neue Aufträge schaffen? Warum beteiligen sich Parlamentarier an den Treffen, wenn das Parlament dann doch für die Großprojekte stimmt?
Selbstverständlich haben auch Architekten und Parlamentarier ein Recht zur Mitarbeit in Bürgerinitiativen. Eine unabhängige Lobby für das Stadtbild sollte aber darauf achten, dass sie von niemandem instrumentalisiert wird. Diesen Wunsch kann man der neuen Vereinigung für ihre wichtige Arbeit nur mit auf den Weg geben.


Politik-Archiv





© 01.01.2002 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg