Politik


Bundesdeutsche Be-Währung: Abschied von der DM


29.12.2001 * (
FJH)
"Alles, wo Euro draufsteht, geht weg wie warme Semmeln", berichtet der Angestellte einer Marburger Bank. Der heutige Samstag (29. Dezember) ist der vorletzte verkaufsoffene Tag, an dem das Wechselgeld noch in DM herausgegeben wird. Der Sylvestermorgen eröffnet die letzte Gelegenheit, beim Einkauf die gute alte Deutsche Mark ins Portemonnaie zu stecken.. Wenn die Geschäfte am Mittwochmorgen wieder öffnen, dann werden auf Zahlungen in der guten alten DM neue Euro-Scheine und -Münzen herausgegeben.
Probleme bereitet die Währungsumstellung nicht nur den Automatenaufstellern, die in diesen Tagen fieberhaft an der Umstellung ihrer Geräte arbeiten. Besonders Blinde brauchen wohl auch Zeit, sich an die neuen Noten und Münzen zu gewöhnen. Schnell vergriffen war der "Euro-Cashtest", mit dessen Hilfe Menschen mit Sehbeeinträchtigungen Scheine und Geldstücke in der neuen Währung abmessen können.
Nicht ermessen kann man heute, wie stabil der Euro werden wird. Immerhin steht dahinter die Wirtschaft fast ganz Westeuropas mit ihrer gebündelten Kraft.
Eine große Kraftanstrengung erfordert die Euro-Umstellung zum Jahreswechsel vor allem von den Banken. Fieberhaft arbeiten sie daran, ihre Geldautomaten zum Stichtag am 1. Januar 2002 mit den neuen Scheinen zu füllen. Vor einem Problem standen deswegen heute schon Sparkassenkunden, deren Geldautomat keine DM mehr ausspucken konnte, aber noch keine Euro-Scheine ausgeben darf. Da bleibt nur der - noch nicht umgestellte - Automat einer anderen Bank oder im Ernstfall die Möglichkeit, sich irgendwo was zu pumpen.
"Haste mal ne Mark?" Diesen Spruch werden wir wohl vermissen, wenn er uns auch noch so genervt haben mag! Aber mit dem Euro wird eine derartige Forderung gleich größer: "Haste mal nen Euro?"


Manöver-Kritik: Truppenübungen im Kreisgebiet


21.12.2001 * (
FJH)
Kaum hat Bundestagspräsident Wolfgang Thierse für Samstag (22. Dezember) eine Sondersitzung des Deutschen Bundestages zur Abstimmung über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr einberufen, da gibt auch Landrat Robert Fischbach den Beitrag des Landkreises Marburg-Biedenkopf zur Stärkung der deutschen Wehrfähigkeit bekannt: Wie der Landrat am Freitag (21. Dezember) mitteilte, finden im Januar 2002 im Kreisgebiet Truppenübungen statt.
Vom 7. Januar bis zum 18. Januar ist das V. US-Korps unter anderem auch im Landkreis Marburg-Biedenkopf aktiv. Vom 21. bis 25. Januar findet eine größere Truppenübung der Panzerbrigade 14 aus Neustadt im Kreisgebiet statt. Bei beiden Truppenübungen werden Hubschrauber und verschiedene Räderfahrzeuge eingesetzt. Die Panzerbrigade 14 setzt auch Kettenfahrzeuge ein.
Sicherlich werden die Neustädter Panzerfahrer ihre im Kreisgebiet geübten Fertigkeiten nicht gleich danach in Afghanistan anwenden; der Lärm von Hubschraubern und Kettenpanzern mag aber auch der Bevölkerung im Kreisgebiet noch einmal ins Bewusstsein rufen, dass sich Deutschland derzeit im Krieg befindet.


Kreis-Rund: Marburg und der "Euro"


18.12.2001 * (
FJH)
Groß war gestern das Gedränge an Marburgs Bankschaltern. Erstmals hatten Bürgerinnen und Bürger am Montag (17. Dezember) Gelegenheit, selbst Euro-Münzen in ihr Portemonnaie zu stecken. Die "Euro-Starterkits" waren so gefragt, dass am Abend schon drei Viertel dieser klleinen Plastiktüten voller Geld weg waren.
"Die meisten haben gleich drei Tütchen mitgenommen", berichtet eine Marburger Bankangestellte. "Viele wollen das neue Geld schon jetzt in die Hand nehmen, um sich bis zum Jahreswechsel schon daran gewöhnt zu haben."
Auch der Landkreis Marburg-Biedenkopf ist auf die Währungsumstellung "gut vorbereitet". Landrat Robert Fischbach ist es vor allem ein Anliegen, dass der Kreis keine versteckten Gebührenerhöhungen für seine Dienstleistungen vornimmt. Schon 1998 hatte der Landrat eine Arbeitsgruppe zur "Euro-Umstellung" ins Leben gerufen. Unter der Leitung von Ernst Poitzmann ist sie bis Ende des Jahres 2001 aktiv.
Im November hat der Arbeitskreis eine Informationsschrift herausgegeben, an der sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung für die Umstellung orientieren können.
Weitere Hilfestellungen bietet der Landkreis Marburg-Biedenkopf auch auf seinen Internet-Seiten an. Unter www.marburg-biedenkopf.de kann man viele Informationen rund um den Euro abrufen.
Blankpoliert blitzen die neuen Münzen nun in vielen Händen. Die Vorderseiten sind in ganz Europa gleich, die Rückseiten hingegen darf jedes Land noch nach eigenem Gusto gestalten.
Ausgeben kann man die neuen Münzen aber erst ab dem 1. Januar 2001. Das große Geld - die Euro-Banknoten - wird auch erst im Neuen Jahr ausgegeben. Ende Februar geht dann die Ära der DM unwiederbringlich zu Ende.
Das große Interesse am "Euro" belegt wieder einmal ein bekanntes Zitat Johann Wolfgang von Goethes: "Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles!"


Kandidatenkarrussell: 4 Bewerber um 2 CDU-Pöstchen


17.12.2001 * (
FJH)
Was Angela Merkel recht ist, das ist Friedrich Bohl billig: Bis zum Februar bleibt die Kandidatenfrage offen. Eine Empfehlung mochte der CDU-Kreisvorstand am Freitag (14. Dezember) nicht aussprechen. Bewerber um die Nachfolge des ehemaligen Kanzleramtsministers im Vorsitz der heimischen CDU gibt es aber ebenso schon wie Interessenten am örtlichen Bundestagsmandat.
Staatssekretär Frank Gotthardt aus Kirchhain und der Ministerialbeamte Dr. Thomas Schäfer aus Biedenkopf möchten die CDU im Landkreis Marburg-Biedenkopf küftig führen. Parteipressesprecher Michael Cyriax aus Dautphetal und Bohls Vize Werner Waßmuth aus Lohra wollen für die Christdemokraten in den Deutschen Bundestag einziehen. Um jede der beiden Positionen streiten sich also zwei kompetente Bewerber. Drei der vier Kandidaten gehören zudem zur jüngeren Riege der CDU.
JüNgster im Bunde ist Frank Gotthardt aus Kirchhain. Schon mit 23 Jahren wurde er in den Hessischen Landtag gewählt. Im Oktober wurde er zum Staatssekretär im Hessischen Umweltministerium berufen. Zudem ist der 31-Jährige Kreistagsabgeordneter und CDU-Fraktionsvorsitzender in Kirchhain.
Gegen ihn tritt Thomas Schäfer an. Der 35-jährige hat sich neben seiner Stellung als Büroleiter des Justizministers Christean Wagner auch als Fraktionsvorsitzender der CDU im Stadtparlament von Biedenkopf und im Kreistag einen Namen gemacht.
Der 32-Jährige Michael Cyriax ist Vorsitzender der CDU in Dautphetal, Geschäftsführer der CDU-Kreistagsfraktion und Pressesprecher der CDU im Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Werner Waßmuth ist mit 51 Jahren der Senior unter den Kandidaten. Als stellvertretender Parteivorsitzender und Fraktionsvorsitzender in der Gemeinde Lohra und im Kreistag gehört er seit Jahren zu den etablierten Köpfen der heimischen CDU.
Früher wurden derartige Pöstchen in der CDU per Order-di-Muffti vergeben. Seitdem eine Frau der Bundespartei vorsitzt, geht es auch in der CDU anders zu. Zwar sind im Landkreis Marburg-Biedenkopf bis auf Anne Oppermann, die nach dessen Ernennung zum Staatssekretär für Frank Gotthardt in den Hessischen Landtag nachgerückt ist, noch keine Frauen für Führungspositionen in Sicht, aber es geht ja schließlich um die Wurst. Da gerät die vielbeschworene Frauenquote häufig zum leeren Lippenbekenntnis.
Vor allem der Sitz im Bundestag verheißt Macht. Nicht zu unterschätzen ist aber auch die Funktion des Kreisvorsitzenden, der nicht nur bei der Besetzung aller Positionen ein gewichtiges Wort mitzureden hat. Also dann: Ring frei!


Müde Mark: Die "Euro-Starterkits" kommen


16.12.2001 * (
FJH)
Heute ist der letzte eurofreie Tag in Deutschland. Morgen - am Montag (17. Dezember) - kommen die sogenannten "Euro-Starterkits" auf den Markt. 53 Jahre lang klimperte die DM als Münze in deutschen Taschen oder ließ sich zum Schein zusammenfalten; nun werden wir uns an "Euro" und "Cent" gewöhnen müssen.
Ein Satz münzen im Wert von 10,23 Euro - das sind genau 20 DM - soll Gelegenheit geben, sich an das neue Geld zu gewöhnen. Für Einkäufe ausgeben darf man es allerdings erst ab dem 1. Januar 2002.
Die metallene Haushaltsmischung setzt sich aus zwei 2-Euro-Münzen, drei zum Wert von einem Euro, je vier 50- und 20-Cent-Münzen, drei 10-Cent-Geldstücken , zwei 5-Cent-Münzen sowie je einer 2- und 1-Cent-münze zusammen. Bei allen Marburger Banken und Sparkassen sind diese kleinen Geldkollektionenvorrätig.
"Wir Blinden sind ja besonders gefährdet, mit dem neuen Geld übers Ohr gehauen zu werden", fürchtet Erwin Lotz. Der Marburger Rentner hofft aber auf den neuen "Euro-Cashtest", den die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt auf Anregung der Europäischen Blindenunion (EBU) finanziert. Er wird über den Blindenbund und andere Blindenorganisationen verteilt.
Mit einer kleinen Plastikschablone können Blinde den Durchmesser von Münzen und die Länge von Banknoten messen. Man legt das Geld an die Schablone an und ertastet anhand von Markierungen, an die das geprüfte Geld anstößt, um welche Werte es sich handelt.
Vorsicht mit dem neuen Geld ist aber in jedem Fall geboten. Die Polizei rät allen Bürgerinnen und Bürgern, sich nicht durch Trickdiebe oder Betrüger täuschen zu lassen. Eine schnelle Umstellung von Konten oder Verträgen auf Euro ist nicht nötig, da der Euro offiziell schon längst in Gebrauch ist. Nur das Euro-Bargeld kommt erst zum Jahreswechsel.
Wieviel die Umstellung von Automaten, Computern und anderen Systemen kostet, weiß derzeit wohl noch niemand ganz genau. Auf jeden Fall wird der Euro aber ein "Teuro" werden.


Beunruhigt: Warnung vor Anschlägen


15.12.2001 * (
FJH)
"Fahr nicht!" Ihre Stimme klingt besorgt. "Das BKA hat Hinweise erhalten, wonach morgen Anschläge auf den Öffentlichen Personennahverkehr stattfinden sollen. Das habe ich im Internet gelesen."
Wie soll man mit solchen Warnungen umgehen? Was das Münchener Nachrichtenmagazin "Focus" am Samstag (15. Dezember) verbreitet hat, das konnte nur beunruhigen. Vor allem die Bewohner großer Städte dürften - wenn überhaupt - am Sonntag äußerst besorgt in U- und S-Bahnen steigen.
Im vergleichsweise verschlafenen Marburg mag man sich trotz derartiger Warnungen recht sicher fühlen, planen Terroristen doch wohl kaum Anschläge auf Linienbusse der Stadtwerke Marburg. Eher dürften Tunnelsysteme von U- und S-Bahnen in Großstädten wie Berlin, Hamburg, Köln oder Münschen zum Ziel menschenverachtender Attacken werden. Leicht werden solche Schächte zur Falle.
Aber auch die Warnung selbst kann schon einen Anschlag darstellen: Aus Furcht vor dem angedrohten Terror bleiben viele Bürgerinnen und Bürger daheim. Sie verzichten auf Ausflüge oder geschäftliche Fahrten und lassen sich von ihren ursprünglichen Vorhaben für den Tag abhalten. Da braucht dann gar nichts mehr passieren; der Terror hat allein durch seine Drohungen die Bewegungsfreiheit vieler Tausend Menschen eingeschränkt.
Wer dem Terror die Stirn bieten möchte, müsste der dann - trotz aller Warnungen - genau das tun, was er vor der Nachricht von den drohenden Anschlägen schon vorgehabt hat? Sind die Warnungen nicht eine unnötige Panikmache und damit selbst Terror? Sollten die Medien solche Nachrichten vielleicht erst gar nicht verbreiten?
Was wäre aber, wenn sich die Drohungen bewahrheiteten? Dann hieße es: "Es lagen doch vorher Hinweise auf diese Anschläge vor. Warum wurden wir nicht gewarnt?"
Demokratie beweist sich vor allem im Umgang mit Widrigkeiten und Katastrophen. Eine mündige Gesellschaft wird lernen müssen, mit solchen Warnungen souverän umzugehen.
In diesem Fall ist die Entscheidung einfach: Ich fahre einen Tag später. Ich muss ohnehin erst Montag früh in Berlin sein. Aber wer weiß, ob die Warnung nicht absichtlich falsch abgesetzt wurde. Vielleicht trifft der angekündigte Anschlag an einem ganz anderen Tag ein völlig anderes Ziel. Oder eine Naturkatastrophe schlägt unbarmherzig zu. Absolute Sicherheit gibt es im Leben nie, auch ohne Terrorismus!


Denk mal: Kirche vergibt Bausünden


10.12.2001 * (
sfb)
Was tut die Stadt Marburg nicht alles zum Wohle der bedürftigen Bauunternehmer und Architekten? Dem Geiste der Heiligen Elisabeth verpflichtet, ernährt und pflegt sie diese Ärmsten der Armen nach bestem Wissen und Gewissen.
Das geht so: Die Stadt schreibt hohe Prämien für die 4 besten Vorschläge zur Bebauung des Platzes um die Elisabetkirche aus.
Mittlerweile sind die hochdotierten Vorschläge bekannt, die in minimalen Abwandlungen das gleiche wollen: dem modernen Zeitgeist entsprechen. Viel Glas und Beton muss her; all das, was den Anschein von heimeliger Gemütlichkeit hat, muss weg.
Mit dieser Methode hat die Stadt schon jahrelange Erfahrungen. Anfang der 70ger Jahre fiel das klassizistische Gymnasium Philippinum einem Kaufhaus zum Opfer, die Stadtsäle im Jugendstil mussten einem Möbelhaus weichen, die Schwanapotheke kam buchstäblich unter die Räder der Autos, das Biegeneck wurde für einen Hotelneubau abgerissen. Das Luisa-Bad und den alten Schlachthof rissen die bauwütigen Stadtväter ab, damit Platz für ein Großkino und eine renommeeträchtige Kunsthalle entstand. Doch die Stadt wehrt sich auf ihre Art: Überall, wo alte traditionsreiche Bauten dem Kommerz zum Opfer gefallen sind, machen die rücksichtslosen Investoren Pleite. Das Kaufhaus Horten, das Ahrens-Möbelhaus und der Investor Peter Blettschacher konnten sich nicht halten. Die Stifterin des Luisa-Bades "rächte" sich posthum: Wieder und wieder mussten die Stahlanker der nach ihr benannten Brücke erneuert werden, damit das Bauwerk nicht einstürzte. Wie wird sich die Heilige Elisabeth von Thüringen wohl rächen?
Vom heutigen Charme des verwunschenen Platzes rund um die Elisabethkirche wird nach den Vorstellungen der Ausschreibungsgewinner nicht viel übrig bleiben: Das romantische Kopfsteinpflaster vor und hinter der Kirche soll pflegeleichten Sandsteinplatten weichen. Selbstverständlich werden die wunderschönen Bäume sowie Rasenflächen größtenteils auch platt gemacht. Für die Obdachlosen, die sich beim Toilettenhäuschen in der Nähe der Kirche aufhalten, darf auch kein Platz mehr sein. Man fürchtet, dass ihr Anblick die zahlungskräftigen Touristen vergrault.
Um Spuren zu verwischen, böte sich ein weiterer Vorschlag an: Man setzt an die Stelle der Obdachlosenverweilstätte ein Souvenierlädchen , wo Andenken der Heiligen Elisabeth zum Spottpreis verscherbelt werden.
Was auch immer von den Vorschlägen zur "Verschönerung des Kirchplatzes" umgesetzt wird, bei der Eröffnungsfeier der beton gewordenen Bausünde wird - wie sooft bei ähnlichen Anlässen - die Hl. Elisabeth zitiert werden, und dass man sich ihrer Tradition verpflichtet fühle, oder so. Wäre es da nicht ehrlicher, sich auf einen anderen Prominenten zu berufen, der in der Elisabethkirche seine - vielleicht letzte - Ruhestätte gefunden hat: Den 1933 verstorbenen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Schließlich hat er jemandem zur Macht verholfen, dem Arme und Kranke auch ein Dorn im Auge waren.


Versteinert: Rund um die Elisabethkirche


08.12.2001 * (
FJH)
"Wir stellen die Kirche auf einen Sandplatz", sagten gleich zwei der vier Preisträger. Die preisgekrönten Vorschläge für eine Umgestaltung des Umfelds der Elisabethkirche zeigt eine Ausstellung im städtischen Bauamt, die am Freitagabend (7. Dezember) eröffnet wurde.
30 .000 DM für den ersten Preis erhielten die "Scape Landschaftsarchitekten" aus Düsseldorf gemeinsam mit dem Architektenbüro "PASD" Feldmeier-Wrede aus Hagen. Wie zwei weitere Preisträger auch, möchten sie den Platz rund um Marburgs bedeutendste Kirche mit Sandsteinplatten pflastern.
Mit Stufen und der Aufteilung in unterschiedliche Ebenen möchten die Träger des zweiten Preises, die Landschaftsarchitekten Sommerlad, Haase, Kuhli aus Gießen und das Architekturbüro von Lamatsch-Kaempfe und Partner aus Frankfurt das Umfeld der ersten gothischen Hallenkirche Deutschlands "interessant" machen. Zwei Preisträger möchten den kleinen Park nördlich der Kirche bebauen. Ein prämierter Vorschlag zielt dagegen auf einen Abriss des Cafes hinaus, das die Kirche vom "Schwarzen Wasser" trennt. So könnte dem Platz nördlich der Kirche durch ungehinderten Zugang zu diesem Nebenarm der Lahn mehr Attraktivität zukommen.
Erbaut wurde die Elisabethkirche zwischen 1235 und 1283 als Klosterkirche. Damals reichte die nördliche Bebauung bis dicht an das gothische Kirchengemäuer heran. Nur eine enge Gasse möchte deswegen einer der Preisträger auf der nördlichen Kirechenseite frei lassen. Die Elisabethkirche soll auch einen Vorhof bekommen wie damals, allerdings alles aus Glas und Beton.
Diese neuen Gebäude könnten dann ein "Kirchenmuseum" und Gemeinderäume aufnehmen, und natürlich auch ein Cafe mit herrlichem Blick auf das Stadtpanorama!
Verschwinden würden bei dieser Version dann allerdings die alten Bäume, die Rasenflächen und das Toilettenhäuschen, das sich seit längrem zum Treffpunkt von Obdachlosen entwickelt hat. Aber die will man ja ohnehin nicht in der Nähe der Kirche haben!
Und warum ein Sandsteinplatz? Auf diese Frage folgte eine ernüchternde Antwort: Sandstein ist einfach pflegeleichter als Kopfsteinpflaster, Kies oder verdichteter Sand. Schließlich soll rund um die Kirche auch weiterhin der alljährliche Weihnachtsmarkt stattfinden. Bis vor die Kirchentür sollen deswegen die Autos fahren können.
Wenn das Gebiet rund um die Kirche mit Hilfe von - bereits angekündigten - Landesmitteln dann entsprechend dem Zeitgeist neu "gestylt" worden ist, dann wollen die Mitglieder der Jury des Architektenwettbewerbs die Elisabethkirche bei der UNESCO zum "Weltkulturerbe" anmelden. Vom Charme des Platzes, der Elisabeth von Thüringen in ihrer franziskanischen Armut heute angemessen repräsentiert, wird dann vermutlich aber nicht mehr viel übrig geblieben sein.
Alle vier Vorschläge zur Umgestaltung der Flächen rund um die Elisabethkirche überzeugen nicht. Warum muss man dort überhaupt größere Eingriffe vornehmen?
Ein Preisträger verriet, dass der ganze Architektenwettbewerb eigentlich überflüssig war: An dieser Stelle gebe es schon jetzt alles, was an Infrastruktur notwendig sei.
Man sollte doch lieber die Kirche im Dorf lassen und nicht auf einen Sandsteinplatz "stellen". Wie postulierte doch die bekannte Kölner Pop-Gruppe "Bleck Fööß" schon vor Jahren: "Mir losse der Dom in Kölle!"


17.11.2001 * Verlorenes Vertrauen: erpressung, Vorteilsnahme, Gehorsam


Politik


© 31.12.2001 by