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Text von Samstag, 8. Dezember 2007

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 Allerlei Lob: Historische Herrscher-PR 
 Marburg * (fjh/pm)
"Ich freue mich sehr, dass das von Prof. Dr. Christoph Kampmann und mir konzipierte DFG-Projekt bewilligt worden ist und den Anfang für eine gute Zusammenarbeit zwischen beiden Institutionen bildet", erklärte Prof. Dr. Dr. Rudolf Lenz. Bei einer Pressekonferenz stellte der Leiter der Forschungsstelle für Personalschriften am Freitag (7. Dezember) in der Philosophischen Fakultät (Phil. Fak.) gemeinsam mit seinem Kollegen vom Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften der Philipps-Universität das Gemeinschaftsprojekt "Herrscher-Memoria und politische Norm in der Frühen Neuzeit" vor.
Dieses Vorhaben der Forschungsstelle für Personalschriften und des Seminars für Neuere Geschichte der Philipps-Universität wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit einer Gesamtsumme von über 400.000 Euro gefördert. Untersucht werden politische Normen und Leitbegriffe, die in der Frühen Neuzeit zwischen dem 15. Und dem 19. Jahrhundert formuliert und vermittelt, aber auch gezielt eingesetzt und funktionalisiert wurden.
Aufgegriffen wird ein besonders aussagekräftiger Aspekt, der bisher so gut wie keine Beachtung gefunden hat: die Erinnerung an einen verstorbenen Herrscher.
Grundlage des - in dieser Zielrichtung bisher einmaligen - Forschungsprojekts ist die breite Funeral-Literatur in Form von Leichenpredigten, Nachrufen oder Gedenk-Reden, die in der Frühen Neuzeit zum Tode eines Herrschers publiziert worden ist. Sie stellte bestimmte Tugenden und Handlungen des verstorbenen Herrschers als vorbildlich dar und trug so dazu bei, dass politische Normen, Konzepte und Leitbegriffe entstanden, vermittelt wurden und sich verfestigten.
Oft ging das so weit, dass ein bestimmtes politisches Ideal - ein "Programm" - mit einem Namen schlicht identifiziert wurde. Dies zu entschlüsseln und damit einen wichtigen Teil der damaligen politischen Kommunikation zu erforschen, ist ein Ziel des Projekts.
"Salopp formuliert: In der Frühen Neuzeit wurde in einzigartiger Weise mit Geschichte und Erinnerung Politik gemacht, auf sehr subtile und wirkungsvolle Weise. Und wir wissen bisher kaum etwas darüber", erläuterte Kampmann.
Ausgangspunkt des Forschungsprojekts sind drei Fallbeispiele aus England, Frankreich und dem römisch-deutschen Reich. Kerstin Weiand beschäftigt sich mit Königin Elisabeth I. und ihrem Nachfolger Jakob I.. Gerade Elisabeth I. ist nach ihrem Tod geradezu zu einem Mythos geworden, ohne dass man genau weiß, wie das geschehen ist.
Dr. Hartmut Peter stellt als protestantischen Muster-Fürsten des 17. Jahrhunderts Ernst den Frommen, in den Mittelpunkt, der zum Inbegriff des gut wirtschaftenden fürstlichen Landesvaters geworden ist.
Dr. Ulrich Niggemann schließlich konzentriert sich auf Ludwig XIV. von Frankreich und Wilhelm III. von England, die zwei fürstlichen Antagonisten des frühen 18. Jahrhunderts. In allen drei Fällen handelt es sich um charakteristische Herrscher-Persönlichkeiten, die grundsätzliche - über den Einzelfall hinausgehende - Rückschlüsse zulassen.
Die DFG erkennt mit der Bewilligung der Fördermittel an, dass Marburg ein idealer Standort für ein derartiges Projekt ist. Die Geschichte der politischen Normen und der symbolischen Kommunikation in dieser Epoche gehört zu den Schwerpunkten der Frühneuzeit-Forschung in Marburg.
Die Forschungsstelle für Personalschriften, An-Institut der Philipps-Universität und eine von der Mainzer Akademie der Wissenschaften getragene Einrichtung, besitzt eine national und international wohl einzigartige Expertise in der Auswertung des Funeral-Schrifttums. Die Projektleiter Lenz und Kampmann fühlen sich durch die Entscheidung der DFG ermutigt, die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Forschungsstelle und der Philipps-Universität weiter auszubauen: "Die Thematik besitzt eindeutig das Potential für weitere - auch interdisziplinäre - Kooperation. Ein erster wichtiger Schritt dazu ist jetzt getan."
 
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