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Text von Mittwoch, 26. Dezember 2007

> p o l i t i k<
  
 Ks Weihnachtsgeschenk: Die Vorratsdatenspeicherung 
 Marburg * (fjh)
Ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art hat der Bundespräsident den Menschen in Deutschland gemacht: Prof. Dr. Horst Köhler hat das Gesetz zur Telekommunikationsüberwachung und Vorratsdatenspeicherung unterzeichnet. Damit tritt die 24-Stunden-Überwachung aller Bundesbürgerinnen und Bundesbürger am 1. Januar 2008 in Kraft.
Ein halbes Jahr lang müssen alle Provider dann sämtliche Einwahl-Daten für Internet-Verbindungen und Telefon-Dienste aufbewahren. Dank dieser Daten können die Behörden hinterher lückenlos nachvollziehen, wann wer wie lange mit wem telefoniert oder wie lange jemand wann im Internet gesurft hat. Selbst Telefonate von Anwälten, Ärzten und Journalisten dürfen nach dem neuen Gesetz unter bestimmten Bedingungen abgehört werden.
Auch die Standorte von Handys müssen die Betreiber von Mobilfunk-Netzen ein halbes Jahr lang festhalten. Mit diesen Daten kann man leicht ein Bewegungsprofil der Handy-Nutzer erstellen.
All diese Informationen müssen die Anbieter von Telefon- und Internedt-Diensten verdachtsunabhängig von all ihren Kundinnen und Kunden aufzeichnen und aufheben. Auf Verlangen müssen sie sie den Behörden nach richterlicher Anordnung jederzeit zur Verfügung stellen.
Trotz dieses massiven Eingriffs in die Freiheits- und Bürgerrechte der gesamten Bevölkerung hat Köhler " keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken" gehabt, die ihn an der Ausfertigung dieses Gesetzes gehindert hätten. Das erklärte ein Sprecher des Bundespräsidialamts am Mittwoch (26. Dezember) auf Anfrage.
Dagegen haben Bürgerrechtsorganisationen wie die Humanistische Union (HU), Ärzte- und Journalisten-Organisationen sowie die FDP-Politiker Sabine Leutheuser-Schnarrenberger, Burkhard Hirsch und Gerhard-Rudolf Baum bereits Verfassungsklagen gegen die Vorratsdatenspeicherung angekündigt. Ihre Argumente dagegen hatte die HU-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Rosemarie Will bei einer Veranstaltung im Historischen Saal des Marburger Rathauses am Donnerstag (13. September) ausführlich vorgetragen.
All das hat Köhler aber offenbar nicht beeindruckt. Auch wenn er in anderen Fällen Gesetze wegen verfassungsrechtlicher Bedenken schon einmal blockiert hatte, so hat er sich bei der Vorratsdatenspeicherung selber zum Erfüllungsgehilfen des Überwachungsstaats degradiert. Damit hat Köhhler die Freiheitsrechte der Menschen weniger ernst genommen als Struktur-Prinzipien beispielsweise bei seiner Weigerung, die Neuregelung der Deutschen Flugsicherung zu akzeptieren.
Ein Bundespräsident, der die Freiheit der Menschen geringer achtet als die Rechte von Landesregierungen gegenüber dem Bund, der kann kaum für sich beanspruchen, das Staatsoberhaupt aller Bürgerinnen und Bürger zu sein. Mit dieser Unterschrift hat 3Köhler sich leider selbst ein Armutszeugnis ausgestellt.
 
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