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Text von Sonntag, 24. Juni 2007

> p o l i t i k<
  
 S: Schluss mit der Plapperstunde 
 Marburg * (fjh)
Die Deutschen können wieder ruhig in die Röhre gucken. Sabine Christiansen hat am Sonntag (24. Juni) ihre letzte Talk-Show im Deutschen Fernsehen bestritten.
Jahrelang hatte sie eitlen Politikern und "Reform"-wütigen Wissenschaftlern jeden Sonntagabend eine Plattform für hohle Phrasendrescherei und Hetztiraden gegen Sozial Schwache geboten. Dabei waren ihre "Runden" immer so "ausgewogen" zusammengesetzt, dass die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung meist deutlich in der Minderheit blieb.
Ihr häufigster Gast war mit 31 Besuchen der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle. An Plazt zwei ihrer "Hitliste" ragnierte mit 24 Auftritten dessen "Parteifreund" Wolfgang Gerhard. Vertreter der Linkspartei PDS dienten ihr dagegen immer nur als Alibi.
Aus ihren eigenen Positionen machte die Moderatorin kein Hehl. Obwohl ihre politische Bildung eher hinter der Vorsilbe Ein- eingeordnet werden müsste, warb sie vehement für die Positionen der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM): "Reformen" seien unumgänglich. Erwerbslose deklarierte Christiansen zu "Abzockern". Das Arbeitslosengeld II (ALG II) von 345 Euro monatlich hielt sie für zu hoch.
Sich selbst hingegen hielt sie allem Anschein nach für eine geschickte Moderatorin. Ob sie indes von der INSM geschickt oder aus eigenem Antrieb zur Verfechterin des politischen Fernseh-Mainstream geworden ist, bleibe dahingestellt.
Moderierend im Sinne des lateinischen Wortes "Moderare" für "mäßigen" agierte Sabine Christiansen kaum: Häufig fiel sie ihren Gästen unhöflich ins Wort, vor allem wenn es keine Vertreter der INSM-Parolen waren. Sie war eben nur eine sehr mäßige Torin.
Hatte sie im Jahr 2002 mit rund fünf Millionen Zuschauern den Höhepunkt ihrer karriere erreicht, so wandte sich seither ein Fünftel ihrer einstigen Bewunderer von der teuren Talk-Masterin ab. Nicht zuletzt wohl auch deswegen gab sie ihre Sonntags-Show schließlich auf.
In ihrer letzten Sendung krönte sie sich selbst als Gestalterin der deutschen Fernseh-Geschichte mit dem Besuch des Bundespräsidenten. Pflichtgemäß strich ihr Prof. Dr. Horst Köhler dann auch den erwarteten Honig um den Bart.
Hat sie überhaupt einen? Tough tut sie jedenfalls gerne, wenn sie ihre neoliberalen Sprüche ablässt!
Gegen Christiansen wirkte selbst Köhler an diesem Abend beinahe wie ein Basisdemokrat: Er sprach sich für eine Direktwahl des Bundespräsidenten und für mehr Elemente Direkter Demokratie in Deutschland aus. Die Bürgerinnen und Bürger sollten nicht nur "Empfänger von Politik" sein, sondern sie auch aktiv mitgestalten können, forderte der Bundespräsident.
Die Mehrheit der etablierten Politiker freilich wird derartige Forderungen irgendwo zwischen "Ja" und "Bald" oder "Vielleicht?" schmoren lassen, bis die Deutschen schwarz werden. Oder bis sie endgültig braun geworden sind!
Und auf Sabine Christiansen wird im September Anne Will folgen. Auch wenn die neue Moderatorin anders will, wird man sie kaum wirklich anders lassen. Schließlich driftet auch der einstmals so hochgelobte Frank Plasberg "hart aber fair" immer weiter in den neoliberalen Sumpf ab.
Das wirksamste Gegenmittel gegen diese Art von Schein-Demokratie - Christiansens Sendung wurde gar ernsthaft als "Ersatz-Parlament" bezeichnet - ist das Abschalten des Fernsehgeräts. Eine Million Zuschauer hat diese Entscheidung in den letzten fünf Jahren bereits getroffen. Ihnen ist es zu verdanken, dass Sabine Christiansen ihre niveaulose Plapperstunde nun aufgeben musste. Weiter so!
 
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