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Text von Donnerstag, 31. Mai 2007

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 Acht: Dozekals Kritik an der Kritik 
 Marburg * (sts)
"Auf dem G8-Gipfel wickeln die mächtigsten Staaten der Erde ihre Konkurrenzaffären untereinander ab", lautete die zentrale These von Prof. Dr. Egbert Dozekal. Der Politikwissenschaftler von der Fachhochschule Frankfurt am Main referierte am Mittwoch (30. Mai) auf Einladung der Zeitschrift "Gegenstandpunkt" im Kulturladen KFZ zum Thema "Der G8-Gipfel und seine Kritiker". Rund 70 Zuhörer hatten sich zu der Veranstaltung eingefunden.
Die Kritik am G8-Gipfel gehe größtenteils in eine völlig falsche Richtung. "Es werden immer die Übel in der Welt aufgezählt und angeprangert. Stattdessen sollte man aber nach den Ursachen dieser Übel fragen", begründete Dozekal.
So sei es zweifellos richtig, wenn in Protest-Aufrufen die Armut in Afrika oder der drohende Klima-Kollaps angegriffen werden. Von den G8-Staaten aber zu erwarten, ernsthaft gegen diese Mißstände vorzugehen, sei absurd.
"Diese Übel sind die Ergebnisse einer nunmehr 150 Jahre währenden kapitalistischen Politik. Im Rahmen des kapitalistischen Systems sind sie nicht zu lösen."
Wenn Deutschland sich vehement für klar festgelegte Klima-Ziele einsetze, dann geschehe dies in erster Linie, um sich aus der Abhängigkeit von russischen Energie-Importen zu befreien und die eigene Weltmarkt-Stellung im Bereich regenerativer Energietechniken zu stärken.
Der Schulden-Erlass für die afrikanischen Staaten diene letztlich nur dem Schutz des globalen Finanzsystems. In den Geber-Ländern könnte die eigene Kreditwürdigkeit unter den nicht erfüllbaren Kreditforderungen gegenüber den ärmsten Staaten der Erde leiden.
"Das ist aber nur der Aufgalopp für die nächste Schulden-Runde. Die Kredit-Macht der G8 bleibt bestehen", prognostizierte Dozekal. Die afrikanischen Staaten benötigten ein Mindestmaß an Stabilität, um einerseits Terrorismus und Flüchtlingsströme zu vermeiden und um andererseits weiter von den Industrie-Nationen ausgebeutet werden zu können.
Der Sinn des G8-Gipfels bestehe letztlich darin, alle Staaten davon zu überzeugen, eigene Probleme als gemeinsame Probleme zu begreifen. Die Gegensätze, die aus den konkurrierenden nationalen Interessen entstünden, würden dabei aber nie ins Prinzipielle getrieben. Allerdings werde auch kein Staat auf eigene Kosten und zum eigenen Nachteil eine Vorreiterrolle zur Lösung der globalen Problemlagen einnehmen.
"Der Protest gegen den G8-Gipfel ist richtig und wichtig. Doch wer protestiert, sollte auch wissen, womit er es zu tun hat und wogegen sich sein Protest richten sollte", meinte Dozekal abschließend. Jedenfalls nicht gegen das Versagen der G8 beim Lösen der Weltprobleme.
 
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