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Text von Samstag, 12. Mai 2007

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 Abgehandelt: Demografischer Wandel als Chance 
 Marburg * (sts)
"Über den demografischen Wandel unserer Gesellschaft sind viele Schauermärchen im Umlauf. Dabei sollten wir ihn vielmehr als Herausforderung begreifen", sagte Dr. Thomas Spies. Beim SPD-Parteitag am Freitag (11. Mai) im Stadtverordneten-Sitzungssaal hielt der Landtagsabgeordnete einen Vortrag zum Thema "Bemerkungen zur Enquete-Kommission Demografischer Wandel". Vor den 50 Delegierten sprachen außerdem der Landrat Stefan Reuß vom Werra-Meißner-Kreis und Stadträtin Dr. Kerstin Weinbach.
In seiner Rede räumte Spies mit einigen Gerüchten zur Überalterung der Gesellschaft auf: "Der demografische Wandel wird sich weitaus weniger katastrophal auswirken, als derzeit häufig prognostiziert wird."
Die gesamte Debatte diene nicht zuletzt dazu, neoliberale Ideen zum Abbau und zur Privatisierung sozialer Sicherungssysteme zu forcieren. Allein die Renten-Kassen seien im aktuellen Bundeshaushalt mit 225 Milliarden Euro Umsatz veranschlagt. Schon eine Privatisierung von nur zehn Prozent dieses Marktes würde ein Investitionsvolumen von über 20 Milliarden Euro bedeuten.
Zudem solle man die Idee der Bevölkerungspyramide (viele junge Menschen und wenige alte Menschen) nicht länger als Ideal verkaufen. Dahinter verberge sich schließlich eine hohe Säuglings- und Alterssterblichkeit.
"Das Modell bedeutet auch, dass es deutlich mehr Einjährige als Zehnjährige geben muss. Unser Ziel sollte vielmehr eine Bevölkerungs-Säule sein", forderte Spies. Die Überalterung der Gesellschaft sei letztlich mehr eine "Unterjüngung".
Dass Frauen in Deutschland zu wenig Kinder bekämen, sei letztlich auch ein Erfolg linker Politik, die die Entscheidungsfreiheit der Frauen in den vergangenen Jahrzehnten gestärkt habe. Die zunehmende Flexibilisierung des Arbeitsmarktes oder die Einführung von Studiengebühren erschwerten zudem die Realisierung eines Kinderwunschs. "Nur wer ein Nest bauen kann, wird auch Eier legen", meinte Spies abschließend.
Reuß erläuterte die Folgen des demografischen Wandels für den kleinsten Kreis Hessens, dem der größte Bevölkerungsschwund vorausgesagt wird. Bis 2050 wird die Einwohnerzahl im Werra-Meißner-Kreis von 112.000 auf 77.000 sinken.
"Wir könnten zu Hessens Altenheim werden", meinte Reuß angesichts der prognostizierten Verdoppelung der über 80-Jährigen. Vor allem durch eine intensive interkommunale Zusammenarbeit gedenkt der Landrat, diesen Schwierigkeiten entgegenzuwirken.
In Marburg werde sich der demografische Wandel deutlich weniger gravierend auswirken, erklärte Weinbach. Allein durch die Universität sei der Zuzug junger Menschen garantiert. Zudem habe man sich auf der politischen Ebene schon früh mit diesem Thema auseinandergesetzt und das in einem Grundsatz-Beschluss des Stadtparlaments vom Oktober 2004 dokumentiert. Demnach sind bei künftigen Beschlüssen immer die Auswirkungen auf den demografischen Wandel in Marburg zu beachten.
Die Familienpolitik stand im Mittelpunkt der beschlossenen Anträge. Für das neue Grundsatzprogramm der SPD verlangte das Gremium zahlreiche Konkretisierungen in diesem Bereich. Zudem dürfe der Ausbau des Betreuungsangebots nicht - wie geplant - über Kürzungen beim Familien-Lastenausgleich finanziert werden.
Außerdem plädierten die Delegierten für den Erhalt des Bettenhauses als selbst verwaltetes studentisches Wohnprojekt im Rahmen der Campus-Pläne. Abschließend sprach sich die Marburger SPD einstimmig für die Einführung von Mindestlöhnen aus.
 
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