Text von Samstag, 31. März 2007
Erotik im Parlament: Bordell im Rosenmontagszug | ||
Marburg * (sts)
Marburg galt bisher nicht gerade als Karnevals-Hochburg. Doch der Rosenmontagszug 2007 sorgte sogar überregional für Schlagzeilen. Grund war die Teilnahme eines Motivwagens des Unternehmens "Erotic Island". Ein Antrag der Marburger Linken auf ein künftiges Teilnahme-Verbot wurde am Freitag (30. März) im Stadtparlament von der rot-grünen Koalition abgelehnt. Unter dem zweideutigen Motto "Wir blasen euch den Marsch" hatte der Bordell-Betreiber am diesjährigen Umzug teilgenommen. Vom Wagen aus wurden Werbe-Flyer mit sexistischem und jugendgefährdendem Inhalt verteilt. Nach Meinung der Oppositionsfraktionen hätte Oberbürgermeister Egon Vaupel (SPD) als oberster Ordnungshüter und Schirmherr der Veranstaltung die Teilnahme von "Erotic Island" verhindern können. "Wie alle Teilnehmer hat auch Erotic Island die Auflagen zur Teilnahme akzeptiert. Ein Ausschluss war damit nicht möglich", hielt Marianne Wölk (SPD) dem entgegen. Zudem sei der Fest-Ausschuss Marburger Karneval (FMK) als Veranstalter und nicht der Magistrat dafür zuständig. Die Vertreter der Opposition übertrafen sich regelrecht in ihren Empörungsbekundungen. Eine "schmachvolle Situation" nannte Gerlinde Schwebel (FDP) die Vorgänge. Pit Metz (Marburger Linke) sprach von der "größten Peinlichkeit des deutschen Karnevals 2007" und Hannelore Gottschlich argwöhnte: "Wir haben es schlimm weit gebracht in Marburg." Mit der Androhung, künftig nicht mehr am Karnevalsumzug teilzunehmen, solle der Magistrat ein "politisches Zeichen gegen Zwangsprostitution und Frauenverachtung" setzen, forderte die Opposition. Stadträtin Dr. Kerstin Weinbach (SPD) machte zunächst deutlich, dass ein generelles Werbe-Verbot das Ende des Marburger Rosenmontagszugs bedeuten würde. Da "Erotic Island" aber gegen die Auflagen verstoßen habe, könne es vom Veranstalter künftig ausgeschlossen werden. In einem Magistratsbeschluss vom Montag (12. März) sei der Veranstalter noch einmal auf die Einhaltung der Werbe-Auflagen hingewiesen worden. "Ich werde ab sofort jeden Wagen aus dem Zug werfen, der sich nicht daran hält", machte Vaupel unmissverständlich klar. Der Opposition warf er "Doppelzüngigkeit" vor. Es werde gezielt versucht, dem Magistrat ein Wohlwollen gegenüber den Bordell-Betreibern anzudichten. Dem widersetze er sich entschieden. "Die Verteilung der Flyer war unzweifelhaft nicht korrekt, aber auch nicht jugendgefährdender als Kontakt- und Sex-Anzeigen in lokalen Zeitungen", versuchte Wölk zu beschwichtigen. Ob durch das Verlesen solcher Anzeigen im Stadtparlament - wie am Freitagabend durch Gottschlich geschehen - dem eigentlichen Anliegen gedient worden ist, zweifelte letztlich nicht nur der Oberbürgermeister an. | ||
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