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Text von Samstag, 4. November 2006

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 Langsam geklickt: Giefer über Foto-Journalismus 
 Marburg * (chr)
"Foto-Journalismus ist kein Nebenprodukt der Presse, sondern eine eigenständige Stilform neben Hörfunk, Fernsehen und Print-Medien." Das ist das Bekenntnis des Offenbacher Foto-Journalisten Peter Giefer. Beim Medienforum des Vereins "Arbeit und Leben" vermittelte er am Freitag (3. November) in der Volkshochschule Einblicke in den "Foto-Journalismus".
"Ein gutes Bild braucht keinen Text", gab Giefer zu bedenken. Auch Bilder könnten fesselnde Geschichten mit einer Pointe erzählen, völlig ohne zusätzliche Erklärungen. Die meisten Bild-Unterschriften in Zeitschriften beschrieben lediglich, was der Leser ohnehin schon sehe.
"Einzig auf Nicht-Weiterverwendung und Honorierung haben Fotografen einen Anspruch", erklärte Giefer. Der Fotograf dagegen müsse vor jeder Veröffentlichung per Freigabe-Erklärung die Einwilligung des Fotografierten zu einer Veröffentlichung des Fotos einholen. Giefer räumte jedoch ein: "In Ländern außerhalb Europas ist das Recht am eigenen Bild oft unbekannt."
Im Anschluss an Giefers Vortrag diskutierten die Teilnehmer über Ereignisse, bei denen Fotos eine besondere Rolle gespielt hatten. So lösten Aufnahmen von Lady Diana und Caroline von Monaco weltweit Diskussionen über den Schutz der Privatsphäre von Prominenten aus.
Die Fotos der Tsunami-Flutkatastrophe dagegen entfachten ein irrsinniges Spenden-Aufkommen für die Opfer. Dabei hätten weniger die Wellen für Betroffenheit gesorgt, sondern vielmehr die Verwüstung und die Leichen. Nichtsdestotrotz wurden die Aufnahmen von Zeitungen instrumentalisiert, um die Auflage zu steigern.
Als zwiespältig bezeichnete Giefer die Fotos aus Afghanistan oder dem Irak. Seit einiger Zeit zweifle er an deren Authentizität. "Die Fotos tauchen merkwürdigerweise für manche Kreise immer zum richtigen Zeitpunkt auf. Die Folter-Fotos aus dem Irak kamen plötzlich alle auf einmal. Das ist sehr verdächtig", gab Giefer zu bedenken.
Einig waren sich alle Teilnehmer darüber, dass die neuen Foto-Handys den Markt gehörig durcheinandergebracht haben. Beim Terror-Anschlag in London stammten die einzigen Aufnahmen von Handys.
"Es gibt tolle Geschichten", schmunzelte Giefer über den Einsatz der Leser als Zeitungs-Reporter. Er nannte ein Foto, auf dem ein Polizist beim Autofahren mit dem Handy telefoniert.
Der neue "Bürger-Journalismus" bekräftige eine Rückkehr zum Ereignis-Journalismus. Ein Schutz gegen diese Fotografen sei kaum möglich. Die Fotografierten merkten oft nicht einmal, dass sie aufgenommen wurden. Berufs-Fotografen und Paparazzi dagegen erkenne man sofort an ihrer riesigen Ausrüstung.
Neben den klassischen Einstieg über Volontariat oder Studium sei jeder durch die Pressefreiheit dazu befugt, sich journalistisch zu betätigen, erläuterte Giefer. Ein fachfremdes Studium wäre dafür oft sogar besser als ein Journalistik-Studiengang. Im naturwissenschaftlichen Bereich seien Biologen oder Chemiker einfach im Vorteil gegenüber anderen.
Giefer selbst machte 1981 in den USA seinen Master-Abschluss. Nach wenigen Tagen in einer Zeitungs-Redaktion und einem Foto-Studio merkte er jedoch, dass die festangestellten Tätigkeiten ihm nicht besonders zusagen.
"30 Foto-Termine an einem Tag, das war nichts für mich", erinnerte sich der Fotograf. Auf einer Asien-Reise machte er anschließend mehrere Tausend Aufnahmen. Er baute sie zu Foto-Storys zusammen und verkaufte sie.
Seit über 20 Jahren ist er nun als freier Fotograf tätig. Von Beginn an arbeitete er nur im Angebot und nahm keine fremdbestimmten Aufträge an. Bereuen tue er seine Selbständigkeit nur einmal jährlich, bei der Steuer-Erklärung, gab Giefer zu.
"Fotografen sind Einzelkämpfer und keine Mannschafts-Spieler", beschrieb er seine Kollegen. Als bedauerlich bezeichnete er die Tatsache, dass es in Deutschland kaum reine Foto-Magazine gebe. Dies sei in Frankreich deutlich anders.
 
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