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Text von Montag, 20. Februar 2006

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 Impfen statt keulen: Klenk zu Vogelgrippe-Bekämpfung 
 Marburg * (fjh)
Das vorsorgliche Keulen von Geflügelbeständen wegen der Vogelgrippe hält Prof. Dr. Hanns- Dieter Klenk für unangebracht. Statt dessen hat sich der Direktor des Instituts für Virologie der Philipps-Universität am Montag (20. Februar) im Hessischen Rundfunk (HR) für die Impfung von Geflügelbeständen ausgesprochen.
Nachdem das Virus H5N1 auf der Ostseeinsel Rügen an 39 toten Wildschwänen, einem Bussard und einem Habicht nachgewiesen worden war, hat ein Geflügelzüchter dort am Sonntag (19. Februar) damit begonnen, seine Bestände zu töten. Dies geschehe vorsorglich, um die Ausbreitung des - auch für den Menschen gefährlichen - Erregers zu verhindern, hieß es.
Am Samstag (18. Februar) hatte Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer die Insel besucht, um sich über die Zustände dort und die Bekämpfung der Seuche zu informieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte die Bekämpfung der Vogelgrippe durch ihren Besuch auf Rügen am Sonntag (19. Februar) zur Chefsache. Sie bot dem Landkreis die Unterstützung des Bundes an.
Die Rügener Landrätin Kerstin Kassner hatte am Sonntagabend den Katastrophenfall ausgerufen. Rund 275 Helfer hatten es nicht geschafft, verendete Vögel zeitnah zu beseitigen. Ab Montag (20. Februar) wird ein größeres Kontingent der Bundeswehr diese Aufgabe übernehmen.
Am Rügendamm, der einzigen Verbindung der Insel zum Festland, werden alle hinausfahrenden Autos desinfiziert. Größere Gebiete der Insel sind abgesperrt.
Dennoch hat sich die Seuche inzwischen auf das benachbarte Festland ausgeweitet. An zwei toten Vögeln wurde auch hier der Erreger H5N1 nachgewiesen. Sie waren an der Vorpommerschen Küste gefunden worden.
Trotz aller Schutzmaßnahmen hält Klenk es für sehr wahrscheinlich, dass sich die Vogelgrippe weiter ausbreiten wird, "wenn sie nicht schon da ist". Das "prophylaktische Keulen" von Geflügelbeständen hält er für sinnlos. Damit werde der Bestand zwar seuchenfrei gehalten, doch müßten dann immer größere Zahlen von Nutzvögeln getötet werden, da sich das Virus dennoch ausbreiten würde.
Der erfahrene Marburger Virologe schlug vielmehr vor, Hühner, Gänse und Haus- Enten zu impfen. Dies solle sowohl mit Geflügelbeständen geschehen, die sich in der Nähe verseuchter Gebiete befinden, als auch mit Tieren seltener Rasse oder mit Zuchtvieh.
Die Europäische Union (EU) hatte ein Impf- Verbot erlassen. Sie befürchtet, dass die geimpften Tiere zwar gesund bleiben, den Erreger aber in sich tragen. Ein einwandfreier Nachweis der Vogelgrippe anhand des Erregers werde damit unmöglich.
Klenk hielt dieser Sichtweise den Schutz der gefährdeten Geflügelbestände entgegen. Nur eine großflächige Impfung der Vögel könne die Ausbreitung der Krankheit verhindern. Der Erreger H5N1 könnte unter besonderen Umständen schließlich auch Menschen befallen.
Klenk gehört zu den Forschern, die einen Impfstoff gegen die Vogelgrippe vorbereiten, der Menschen vor einer humanpathogenen Form schützen soll. Diese Version der Vogelgrippe gibt es aber noch nicht. Erst, wenn sie aufträte, könnte Klenk mit der Arbeit an seinem Impfstoff beginnen.
Was aber für Menschen gut ist, das hält der Virologe auch bei Hühnern, Gänsen und Enten für sinnvoll.
 
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