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Text von Sonntag, 26. Februar 2006

> p o l i t i k<
  
 Vögel und Verwaltung: Beamte ohne Freude am Fliegen 
 Marburg * (fjh)
Vögel sind Weltbürger. Sie kennen keine Grenzen. Sie fliegen einfach überallhin, ohne je einen Pass vorweisen zu müssen.
Beamte sind dagegen eher beschränkt. Sie denken in begrenzten Entscheidungsstrukturen, Regionen und Zuständigkeiten. Deswegen haben sie auch so große Probleme mit der Vogelgrippe.
Beamte ergreifen ihre Maßnahmen gegen eine weltumspannende Seuche streng nach ihren beschränkten Regeln: Der zuständige Landrat lässt einen begrenzten Bereich rund um einen Fundort absperren, kontrollieren oder desinfizieren.
Ganz genau muss da alles dem Schema im Kopf des zuständigen Beamten entsprechen. Alle Eventualitäten müssen wasserdicht abgesichert sein. Jeder Satz muss verklausuliert und verschachtelt werden, damit nur ja niemand den Text versteht. Denn dann bestünde vielleicht die Gefahr, dass er dem Beamten irgeneinen Fehler nachweisen könnte!
Ein Beispiel dafür ist die Pressemitteilung, die der Landkreis marburg-Biedenkopf am Freitag (24. Februar) zum Thema "Vogelgrippe" herausgegeben hat. Darin warnen die Beamten vor "tagaktiven und nachtaktiven Greifvögeln". Verwundert fragt sich der Leser, ob es vielleicht noch andere Zeiten gibt, wann ein Greifvogel aktiv sein könnte. Oder gibt es vielleicht auch passive Vögel, die wegen ihrer Trägheit keine Gefahr darstellen?
Trägheit ist in den Augen der allermeisten Zeitgenossen doch eher ein Merkmal der Beamten. Viele Menschen machen sich über die armen Staatsbediensteten lustig. Dabei ist das, was sie tun, doch oft gar nicht lustig!
Auch an Karneval kann es kaum lustig sein, wenn man als Beamter den Tag zwischen lauter Beamten verbringen muss. Da muss man doch höllisch aufpassen, um eine echte Pappnase von den Nasen zu unterscheiden, die immer so rumlaufen.
Auch Bier und Schnaps während der Dienstzeit sind tabu: Man darf sich nicht damit erwischen lassen!
Was also bleibt dem frustrierten Beamten inmitten seiner vielen frustrierten Kollegen als die Gewissheit, dass er alles, was er tut, ganz exakt macht. Wenn er denn überhaupt einmal etwas tut!
Und während die vielen Vögel völlig vogelfrei herumfliegen, kriecht der Beamte in seine Akten hinein. Dann entwirft er peinlich genau formulierte Anweisungen, wie der Bürger mit toten Vögeln umzugehen hat. "Gefundene verendete tote Vögel können der örtlichen zuständigen Polizeidienststelle gemeldet werden, die dann die Beseitigung durch den zuständigen Fachbereich Veterinärwesen und Verbraucherschutz des Landkreises Marburg-Biedenkopf veranlasst". Verstehen würde jeder, wenn man schriebe: "Melden sie jeden toten Vogel der Polizei!"
Angesichts derartiger Formulierungskünste beschleicht den besorgten Bürger die bange Frage, ob diese Beamten denn überhaupt fähig sind, im Falle einer ernsthaften Bedrohung die notwendigen Tatsachen schnell zu erkennen und verständlich mitzuteilen.
Aber vielleicht war derjenige Beamte, der die Pressemitteilung vom Freitag formuliert hat, ja schon voll in Karnevalsstimmung. Vielleicht hatte er ja schon einen gezwitschert?
 
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