Text von Sonntag, 12. Februar 2006
Aus für Abschuss: HU Hessen zum Karlsruher Urteil | ||
Marburg * (atn/pm)
Damit dürfte die Debatte um Bundeswehr-Einsätze zur Fußball-WM endgültig vom Tisch sein", stellte Franz-Josef Hanke klar. Mit Erleichterung hat der Landessprecher der Humanistischen Union Hessen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mittwoch (15. Februar) aufgenommen. Darin hatte das höchste deutsche Gericht das sogenannte "Luftsicherheitsgesetz" für verfassungswidrig erklärt. In seiner Begründung hatte Gerichtspräsident Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Grundgesetz Kampfeinsätze der Bundeswehr im Innern verbietet. Dies gelte auch im Notstands- oder Katastrophenfall. Die HU Hessen warnt die Politiker vor einer Änderung des einschlägigen Grundgesetz-Artikels 87a. Eine "Lex-FIFA" dürfe es nicht geben. "Wenn die Fußball-Weltmeisterschaft dazu herhalten soll, Bürger- und Freiheitsrechte einzuschränken, dann mutiert sie von einem freudigen Ereignis zu einer Bedrohung", erklärte Hanke verärgert.. Angesichts der kurzen Frist bis zum Beginn der WM hält der Bürgerrechtler eine Grundgesetzänderung aber für überaus unwahrscheinlich. Schließlich müssten sich dafür zwei Drittel der Bundestagsabgeordneten auf eine Formulierung einigen. Erfreut ist Hanke über die zweite Argumentationsschiene des Bundesverfassungsgerichts: Die acht Richter hatten die Würde jedes Menschen über alle Erwägungen gestellt, Menschenleben notfalls im Interesse anderer zu "opfern". Ein Abschuss von Flugzeugen mit unschuldigen Passagieren an Bord entwerte die Insassen in ihrer Menschenwürde, hatte das Gericht erklärt. Tatsächlich seien aber gerade auch sie schutzwürdige Opfer. Zudem bezweifelte das Karlsruher Gericht, dass eine gut begründete Entscheidung im Fall einer Flugzeug-Entführung überhaupt möglich ist. Angesichts der geringen Ausdehnung des deutschen Luftraums müsste sie innerhalb kürzester Zeit erfolgen. Doch könne niemand in das betroffene Flugzeug hineinschauen. Der entstehende Zeitdruck gibt nach Ansicht der Richter dann aber Grund zu der Besorgnis, dass eine Fehlentscheidung im "Schnellschuss-Verfahren" über Leben oder Tod getroffen werden könnte. Die Argumentation der Befürworter des vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Gesetzes, die Insassen seien zum "Teil einer Waffe" geworden, ließen die Verfassungsrichter nicht gelten. Diese Vorstellung degradiere die betroffenen Menschen zu Sachen. Sie widerspreche der im Grundgesetz garantierten Menschenwürde. Sein Artikel 1 verpflichtet alle staatlichen Organe zu uneingeschränktem Respekt vor der Würde aller Menschen. In dem Urteil sieht die HU Hessen eine "schallende Ohrfeige für die Law-and-Order-Propagandisten". Dem Vernehmen nach überlegen sie nun, die Bodenkontrollen an Flughäfen zu verschärfen. HU-Landessrpecher Hanke warnte sie jedoch davor, dabei zu übertreiben. "Fliegen muss auch künftig ohne Stripease möglich sein! Den hessischen Innenminister Volker Bouffier forderte die Bürgerrechtsorganisation auf, seine Überlegungen zum Einsatz der Bundeswehr bei der WM aufzugeben. Gegen Bundeswehr-Sanitäter in den Stadien erhebt jedoch auch die HU Hessen keine Einwände. Den Verfassungsrichtern dankte Hanke ausdrücklich für die Klarheit ihrer Entscheidung: "Als Bürgerrechtler bin ich froh darüber, dass die obersten deutschen Richter keiner Behörde gestattet haben, nach Gutdünken über Leben und Tod unbescholtener Bürger zu entscheiden." | ||
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