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Text von Sonntag, 8. Januar 2006

> p o l i t i k<
  
 Angela und die Atome: Koch für neue Kernkraftwerke 
 Marburg * (fjh)
Roland Koch will mehr. Der hessische Ministerpräsident hat am Samstag (7. Januar) gefordert, auch in Deutschland neue Atomkraftwerke zu bauen.
Dabei hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel zu diesem Thema gerade erst die koalitionsdisziplin eingefordert. Zwar vertrete sie selbst eine andere Meinung, doch fühle sie sich an die Festlegung des Koalitionsvertrages gebunden. Darin hatten CDU, CSU und SPD vereinbart, dass am gesetzlich verankerten Atom-Ausstieg nicht gerüttelt wird.
Der Streit zwischen Russland und der Ukraine um die Höhe des Preises russischer Gaslieferungen war für einige Unions-Politiker dann jedoch ein gefundenes Fressen: Sie forderten längere Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke.
Allen voran ergriffen der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber und Bundeswirtschaftsminister Michael Gloß bei der CSU-Klausurtagung in Wildbad-Kreuth die Initiative. Gloß meinte, es gebe doch in Deutschland noch etliche gut funktionierende Atomkraftwerke, die nun einfach abgeschaltet werden müssten.
Im Umkehrschluss bedeutete seine Forderung, man solle Atomkraftwerke erst abschalten, wenn sie nicht mehr sicher funktionieren! Ob die CSU-Wähler das wohl mittragen wüden?
Koch legt aber noch einen drauf: Er will sogar neue Atomkraftwerke bauen. Nur so - glaubt er - könne Deutschland größere Abhängigkeiten von ausländischen Energielieferungen vermeiden.
Ihm scheint nicht klar zu sein, dass auch Uran importiert werden muss. Auch die Vorräte an Uranerz sind nicht unbegrenzt. Ohne Uran aber könnte man Atomkraftwerke nur betreiben, wenn man auch "Schnelle Brüter" baut.
Pläne zum Bau eines "Schnellen Brüters" in Kalkar am Niederrhein musste die Atomwirtschaft aber in den 80er Jahren kleinlaut wieder aufgeben. Seither traut sich kaum noch jemand an die Brüter-Technologie heran.
Sicherlich bekäme Roland Koch auch viel Gegenwind, wenn er einen Standort für das neue Atomkraftwerk nennen müsste. Anfang der 80er Jahre zogen riesige Demonstrationszüge durch Frankenberg, als der damalige Hessische Ministerpräsident Holger Börner dort eine Wiederaufbereitungsanlage bauen lassen wollte. Tausende kamen seinterzeit auch aus Marburg in die Stadt an der Eder, um ihren Unmut zu bekunden.
All das wird Koch wahrscheinlich gar nicht wollen. Ihm geht es mit seiner Äußerung wohl gar nicht wirklich um den Ausbau der Atomenergie in Deutschland. Vielmehr geht es ihm darum, seiner verhassten Konkurrentin Angela Merkel zu zeigen, dass der Roland der Stärkere ist.
Natürlich würde er das nie zugeben. Seine Politik ist doch immer sachorientiert!
Merkel hat nun Mühe, ihre "Parteifreunde" zur Disziplin zu rufen. Die vielstimmige Kakophonie aus den Reihen der Union schwächt die Bundeskanzlerin. Außerdem gilt auch für die Politik die alte Binsenweisheit: "Viele Köche verderben den Brei." Den Hessen reicht manchmal aber schon ein einziger Koch!
 
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