Sie sind hier: marburgnews >
Heute ist Freitag, 4. Oktober 2024

Text von Mittwoch, 8. November 2006

> k u l t u r<
  
 Nicht angegraut: Monsters of Liedermaching im KFZ 
 Marburg * (jnl)
Ein neuartiger Sixpack junger Liedermacher ist auf dem besten Wege, Kultstatus zu erlangen. Die "Monsters of Liedermaching" haben am Dienstag (7. November) im Kulturladen KFZ ihr zweites gemeinsames Album "Männer wie uns" vorgestellt. Zugleich war dieser Auftritt ihr zweites Gastspiel in Marburg.
Der nur zu einem Drittel bestuhlte Saal war randvoll. Höchstens jeder fünfzehnte Besucher war älter als 30 Jahre.
Von Anfang an lag eine Art Party-Stimmung in der Luft. Das Publikum sang bei beinahe jedem Lied mit.
Verblüffend einfach sind die musikalischen Mittel. Nur mit elektrisch verstärkten Wandergitarren und Gesangsanlagen sowie selbstgeschriebenen, lustvoll schrägen deutschsprachigen Liedern über Alltags-Wahrnehmungen erreichen diese Musiker einen hohen Wohlfühl-Pegel im Saal.
Sie sitzen zu sechst im Halbkreis auf der Bühne. In fliegendem Wechsel trägt jeder eigene Stücke vor. Kleine juxige Einlagen der übrigen bieten dazu etwas für's Auge.
Anders als der Name "Liedermaching" zunächst vermuten ließe, geht es nie um bloßen Klamauk. Politik kommt vor, aber eher am Rande und hintenrum. Ein Spottlied auf den Wellensittich der gar zu umtriebigen Angela Merkel wird im Publikum begeistert mitgesungen. Eine Nebenbemerkung von der Bühne lautet: eins, zwei, Hartz, vier.
Die anklägerische Pose der politischen Liedermacher der 70er fehlt zum Glück völlig. Die "Monsters of Liedermaching" nennen es selbst "Mittelfinger statt Zeigefinger".
Sie lieben den kleinen Tabu-Bruch, singen über Tod in der Nordsee, Morgenständer und "Su-su-Suizid", aber immer selbstironisch und ganz unverbissen. Sie haben ein bisschen Ähnlichkeit mit den Liedern des Berliners Funny van Dannen. Aber sie sind besser, näher am Lebensgefühl der Mitt-Zwanziger.
Pubertäre Provokationen, wie Die "Ärzte" sie für ihre Teenager-Fangemeinde bringen, sind ihre Sache eher nicht. Nur bei zwei Stücken über Sexualität "auf Französisch"
und über Probleme mit "Pärchen" gucken einige weibliche Fans verkniffen. Umgekehrt werden wunderbar entkrampfende Pseudo-Bekenntnisse männlicherseits wie "Ich bin schlecht im Bett" und "Ich bin Durchschnitt" mit Gelächter begrüßt und gefeiert.
Tatsächlich ist das trink- und feierfreudige Publikum gutbürgerlich gekleidet,. Die Zuschauer sind mainstreamig statt studentisch subkulturell, aber bemerkenswert gut gelaunt. Es sind etwa gleich viele Frauen wie Männer.
Wer behauptet, außer im rheinischen Karneval würde "im Volk" nicht mehr gemeinsam gesungen, wird bei "Monsters"-Konzerten seine Meinung ändern. Ein Blick in die Tournee-Daten zeigt, dass die Band derzeit hauptsächlich in Universitätsstädten und auf kleinen Festivals ihre Auftritte findet. Dabei würde das Konzept mit solchen Könnern zweifellos fast überall funktionieren.
Hoffentlich kommt niemand auf die blödsinnige Idee, einen nachgemachten Abklatsch davon ausgerechnet ins Fernsehen zu bringen! Liedermachen lebt schließlich von witzig-kritischen Texten, musikalischem Können, aber vor allem vom Live-Charakter.
 
 Ihr Kommentar 


Kultur-Archiv






© 2006 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg