Text von Sonntag, 8. Januar 2006
Angela und die Amis: Gespräche über Guantanamo | ||
Marburg * (fjh)
"Eine Institution wie Guantanamo kann und darf auf Dauer keinen Bestand haben." Diese Äußerung von Angela Merkel kann wohl fast jeder Demokrat unterschreiben. Und so erntete die Bundeskanzlerin darauf am Sonntag (8. Januar) breite Zustimmung. Unterstützung bei allen Parteien des Deutschen Bundestags fand aber vor allem Merkels Ankündigung, sie wolle das Gefangenenlager Guantanamo Bay bei ihrem Treffen mit dem US-Präsidenten George W. Bush am Freitag (13. Januar) ansprechen. Auch Bürgerrechts- und Gefangenenhilfe-Organisationen freuten sich über diesen Vorstoß. Nachdenklich stimmen mag dabei allein die Tatsache, dass die Bundeskanzlerin mit dieser Aktion offenbar taktische Ziele verfolgt. War es ihr erklärtes Ziel, das Verhältnis zwischen der Bundesregierung und der US-Regierung zu verbessern, so kann ein Gespräch über die Zukunft von Guantanamo nur als eine Art Legitimation gegenüber der deutschen Bevölkerung dienen: Seht her, ich krieche ihm nicht in den Arsch! Offengelassen hat Merkel dabei aber einen Zeitpunkt, wann die USA ihr extraterritoriales Gefangenenlager aufgeben sollen. Irgendwann - so werden feinsinnige Zeitgenossen vielleicht anmerken - wäre wohl selbst für die Bush-Regierung der Zeitpunkt gekommen, wann sie das Gefangenenlager Guantanamo nicht mehr braucht. Zudem befindet sich der US-Präsident derzeit auch daheim unter starkem politischen Druck. Sein Weg des "Kampfes gegen den Terrorismus" ist auch wegen zahlreicher eigenmächtiger Abhöraktionen umstritten. Bush treibt den Teufel mit Beelzebub aus. Den Terror bekämpft er mit Terror. Die verheerenden Folgen bekommt der amerikanische Präsident nun immer deutlicher zu spüren. So kann Angela Merkel getrost fordern, dass Guantanamo auf Dauer keinen Bestand haben darf. Das kratzt niemanden wirklich. Aber daheim wirkt es nach einer mutigen Avance für die Freiheit. "Ich nehme mir die Freiheit, Herr Präsident", könnte sie sagen. Vielleicht sollte Merkel aber auch einmal darüber nachdenken, wie ihre eigene Innenpolitik mit dem Kampf gegen Terror umgeht. Vielleicht wäre die Erkenntnis, dass man die Freiheit nicht für die Freiheit opfern darf, auch im Heimatland der Kanzlerin vonnöten. Diese Erkenntnis verdankt die Welt übrigens dem amerikanischen Verfassungsvater und Präsidenten Benjamin Franklin. Frank und frei! | ||
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