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Text von Donnerstag, 24. November 2005

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 Ring frei für Pappeln: Hochwasser- und Naturschutz 
 Marburg * (fjh/pm)
Zwei neue und wegweisende Projekte hat das Fachgebiet Naturschutz des Fachbereichs Biologie dank Fördermitteln des Bundesforschungsministeriums (BMBF) und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) auf den Weg gebracht. Das hat die Philipps-Universität am Donnerstag (24. November) mitgeteilt.
Projektverantwortlich in beiden Fällen ist die Naturschutzbiologin Prof. Birgit Ziegenhagen.. Gemeinsam mit Dr. Ilona Leyer wird sie ein von der DBU mit rund 350.000 Euro gefördertes Verbundprojekt leiten, dem drei weitere deutsche Einrichtungen angehören.
Dabei soll ein "Konzept zur Weichholzauen-Entwicklung als Beitrag zum naturverträglichen Hochwasserschutz" erstellt werden.
Dr. Ronald Bialozyt, der ebenfalls Mitglied von Ziegenhagens Arbeitsgruppe ist, wird zudem das Projekt "Modellierung des Genflusses bei der Pappel in einer realen Landschaft" durchführen. Dafür hat das BMBF rund 210.000 Euro bereitgestellt.
Weichholzauenwälder gehören zu den von vollständiger Vernichtung bedrohten Biotoptypen Deutschlands und Europas, da sie im Rahmen des Hochwasserschutzes und der Unterhaltung von Bundeswasserstraßen häufig flächenhaft entfernt werden. Zudem sind Weichholzauen zu ihrer Verbreitung auf Rohböden angewiesen. Diese aber sind an deutschen Flüssen auf ein Minimum reduziert, da die für ihre Entstehung notwendigen Erosions- und Sedimentationsprozesse an den stark regulierten Fließgewässern kaum mehr ablaufen.
Leyer will nun modellhaft für das Biosphärenreservat "Flusslandschaft Elbe" optimale Lebensräume für Neuanpflanzungen finden. Aus ihren Erkenntnissen möchte sie zudem allgemeine Richtlinien entwickeln. Hierzu sind auch Untersuchungen zur Ausbreitungsfähigkeit der Arten sowie zu deren genetischer Diversität geplant.
"Mit unseren Ergebnissen können wir dann genau sagen", so Leyer, "wo gepflanzt werden soll und welches genetische Material sich optimal eignet."
Parallel dazu wird die Universität Karlsruhe als einer der Kooperationspartner ein hydraulisches Modell wasserdurchströmter Weichholzbestände entwickeln. Es soll jene Standorte für Weichholzauen identifizieren, die hochwasserneutral sind und somit auch für Schiffahrtswege in Frage kommen.
Sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in Brandenburg will Leyer in dem bis Ende 2008 andauernden Projekt schließlich konkrete Anpflanzungsvorhaben mit weiteren Projektpartnern - dem Amt für Forstwirtschaft Kyritz und der Biosphärenreservatsverwaltung Flusslandschaft Elbe in Dessau - umsetzen. Unterstützung erfährt das Projekt durch die Wasser- und Schiffahrtsdirektion, die für die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen zuständig ist.
Das zweite Projekt unter Ziegenhagens Leitung widmet sich der ebenfalls vom Aussterben bedrohten Schwarz-Pappel. Der "Baum des Jahres 2006" ist nicht nur durch den Verlust von Lebensraum bedroht, sondern auch von einer Unterwanderung durch fremde Gene. Dabei spielt die weite Verbreitung von Hybrid-Pappeln eine Rolle. Sie wurden aus ökonomischen Gründen wegen ihres schnelleren Wachstums eingeführt. Ihr genetisches Material mischt sich nun mit dem der heimischen Bestände.
Ziel des Projekts sind vor allem neue Erkenntnisse zu der Frage, ob sich genetisch veränderte, "transgene" Pflanzen ausbringen lassen, ohne die heimischen Arten zu gefährden. In einem detaillierten Computermodell will Bialozyt nun den Genfluss dieser Pappeln in einer realen Landschaft simulieren. Erstmalig sollen dabei geographische, meteorologische und genetische Daten in einem Simulationsmodell gekoppelt werden, um die Auswirkungen des Pollenflugs auf angrenzende Wälder zu analysieren.
"Besonderes Augenmerk legen wir dabei auch auf einzeln stehende Bäume", erklärte Bialozyt. "Wir wollen wissen, ob sie als Sprungbrett für eine effiziente Ausbreitung genetischer Information dienen und damit im Risikofall eine unkontrollierte Ausbreitung von Transgenen fördern."
Basis für Bialozyts Modell sind empirische Untersuchungen über den natürlichen Genfluss, wobei er anhand genetischer Marker das Ausbreitungsverhalten von Pollen und Samen in der Landschaft ermittelt. Das auf drei Jahre angelegte Projekt ist Teil des von der Universität Leipzig koordinierten BMBF-Verbundprojekts "Biologische Sicherheit nutzbarer transgener Gehölze".
 
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