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Text von Freitag, 1. July 2005

> s o z i a l e s<
  
 Schon gegründet: Neues Klinikum verteilt Posten 
 Marburg * (lyg)
Die beiden mittelhessischen Universitätskliniken bilden jetzt formal eine Einheit. In Wiesbaden haben die Gremien des fusionierten "Universitätsklinikums Gießen und Marburg" am Freitag (1. Juli) zum erstenmal getagt. Dort wurden die Führungspositionen besetzt.
Zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der neugegründeten "Anstalt Öffentlichen Rechts" wurde Wissenschafts-Staatssekretär Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard bestellt. Dem Vorstand steht der bisherige Gießener Klinik-Chef Prof. Dr. Wolfgang Weidner vor. Zu seinem Stellvertreter wurde Prof. Dr. Matthias Schrappe aus Marburg bestimmt.
Der neue Status soll allerdings nur eine Zwischenstufe bleiben. "Der nächste Schritt ist die Privatisierung des Krankenhaus-Betriebs bei Beibehaltung des staatlichen Auftrags zu Forschung und Lehre", sagte Leonhard. Das Verfahren soll bis Ende 2005 abgeschlossen werden. Es ist die erste Privatisierung dieser Art in Deutschland.
Das Land Hessen hatte Interessenten gebeten, sich bis 23. Juni zu einer Übernahme zu äußern. Der Staatssekretär nannte zwar weder die genaue Zahl der Eingaben noch Namen. "Ich kann aber sagen, daß wir Bietererklärungen haben - und zwar mehr als eine", teilte er mit. Bisher haben die börsen-notierte Rhön-Klinikum-AG sowie der Konzern Asklepios und die Dr. Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden ihr Interesse signalisiert.
Ein privater Investor soll künftig die Wirtschaftlichkeit des mittelhessischen Großklinikums gewährleisten. Forschung und Lehre sollen gleichwohl nicht unter einer Privatisierung leiden. Zu den "wesentlichen Rahmenbedingungen" einer solchen Transaktion zählt das Land auch die Vorgabe, bis Ende 2010 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Wer das Klinikum übernehme, müsse auch für die künftigen Versorgungsleistungen sorgen, die den Mitarbeitern zustünden.
Ob dies über die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) geschehe, wie es auch für das neue Uni-Klinikum vereinbart worden sei, oder über kapitalgedeckte Angebote, sei egal. "Hauptsache ist, die Versorgung ist gleichwertig", hob Leonhard hervor. Immerhin gehe es auch um die Zukunft der Mitarbeiter in Gießen und Marburg.
Die Privatisierung ist laut Leonhard eine Sache des Landes, wobei Wissenschaftsminister Udo Corts federführend sei. Derzeit beschäftigten sich fünf Arbeitsgruppen unter Beteiligung beider Hochschulen mit der Krankenversorgung, dem Personalwesen, den Liegenschaften, betriebswirtschaftlichen Belangen sowie Forschung und Lehre.
Gegen den Widerstand der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP hatte die CDU-Mehrheit im Hessischen Landtag das Gesetz zur Fusion beider Uni-Kliniken beschlossen. Zuvor hatte der Gießener Kliniksvorstand vehement die Privatisierung gefordert. Er erhofft sich von diesem Schritt die Auflösung des auf 200 Millionen Euro geschätzten Investitionsstaus. Die Marburger Seite steht der Privatisierung dagegenreservierter gegenüber. In ihrem Haus sind in den vergangenen Jahren viele Millionen Euro für Bauvorhaben zugeflossen. Anders als Gießen schreibt das Marburger Klinikum schwarze Zahlen.
Auch die Personalräte in Gießen sähen das Großklinikum lieber weiter in staatlicher Hand. Im Zuge einer Übernahme durch einen Klinikskonzern könnte auf längere Sicht ein Verlust von Arbeitsplätzen drohen, fürchten sie. Derzeit sind in Gießen und Marburg rund 10.000 Menschen beschäftigt. Nicht zuletzt argwöhnt der Allgemeine Patienten-Verband, unter dem Dach eines privaten Unternehmens könnte die Versorgung der Kranken leiden.
 
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