Heute ist Freitag, 2. Mai 2025

Text von Donnerstag, 3. Februar 2005

> b i l d u n g<
  
 Diamanten: Reichtum als Quelle der Armut 
 Marburg * (atn)
Blutige Diamanten aus dem Löwengebirge waren Thema eines weiteren Vortrages in der Reihe "Zwischen Vernunft und Barbarei". Am Mittwoch (2. Februar) sprach die Politik-Studentin Alice Fuchs darüber, wie dem kleinen westafrikanischen Staat Sierra Leone sein Ressourcenreichtum zum Verhängnis wurde.
Fuchs stellte zunächst die - von Putschen und Putschversuchen gekennzeichnete - instabile politische Situation Sierra Leones dar. Im Jahr 1978 wurde das Land durch eine neue Verfassung zu einem Einparteienstaat. Danach war der All People´s Congress (APC) die einzige gesetzlich anerkannte Partei.
Der 25-jährige Hauptmann Valentine Strasser putschte im Jahr 1992. Er unterdrückte die Pressefreiheit und ließ politische Widersacher hinrichten. Doch den Bürgerkrieg konnte er nicht beenden. 1996 verlor er die Macht an Julius Maada Bio.
Der neue Machthaber nahm Friedensverhandlungen mit der Revolutionären Vereinigten Front (RUF) auf. Im Dezember 1998 begann jedoch eine Offensive von Rebellen auf die Hauptstadt Freetown. Die unter nigerianischem Kommando stehende westafrikanische Friedenstruppe ECOMOG - die Eingreiftruppe der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) - vertrieb die Rebellen einige Tage später.
Regierungsvertreter und Rebellenführer unterzeichneten im Juli 1999 ein Friedensabkommen, das den Bürgerkrieg in Sierra Leone beendete.
Zur reibungsloseren Umsetzung des Friedensabkommens sprach sich der Weltsicherheitsrat im Oktober 1999 für die Entsendung einer UN-Friedenstruppe nach Sierra Leone aus, deren Mission kurze Zeit später begann.
Ähnliche Verläufe der jüngeren Geschichte sind aus anderen afrikanischen Staaten wie Angola und dem Kongo bekannt. Wie auch dort geht in Sierra Leone ein Großteil des Wohlstandes auf die Bodenschätze zurück. Das Land zählt zu den weltgrößten Erzeugern von Schmuck- und Industrie-Diamanten. Ferner ist es reich an Chrom, Bauxit, Eisenerz und Rutil. Der Bergbau ist wichtig für den Exporthandel, der vor allem mit Großbritannien und den Niederlande stattfindet.
Fuchs erläuterte auch die Strukturen des Diamantenhandels. Die De Beers Consolidated Diamond Mines Ltd. spielt dabei als weltweit größter Produzent und Großhändler von Diamanten die Hauptrolle. Diamantenhandel ist schwer zu kontrollieren, denn schon eine Handvoll edler Steine ist Millionen wert.
Ziel der Veranstaltung war es nun, zu klären, inwieweit die Diamanten Auslöser und Ursache der Konflikte in Sierra Leone sind, oder ob sie konfliktverstärkend wirken. Diesem Ziel folgend, verlief sich die Rede allzu schnell im Sand kluger konfliktanalytischer Gedanken. Wenn auch ungewollt, stieg man dabei - wohl des besseren Überblicks wegen - auf das hohe Ross des "Besser-zu-machen-Wissenden". Dabei entstand teilweise der Eindruck, "Zwischen Vernunft und Barbarei" werde als "Zwischen Nord und Süd" verstanden.
Doch Vernunft und Unvernunft sind bekanntlich quer über den Planeten verteilt. Die Beschäftigung mit Konflikten sollte daher neben der Anwendung erlernter Konflikttheorien ein weiteres wichtiges Ziel haben: Sie sollte Interesse und Verständnis für die Menschen hinter den Konflikten wecken. Doch auf sie kam die Sprache in diesem Vortrag nicht. So blieben sie nicht mehr als eine - von Problemen geplagte - unbekannte Masse, deren Not und Armut im krassen Gegensatz zu den geologischen und potentiellen Reichtümern ihres Lande steht.
Allgemein wird dieser Reichtum als Konfliktpotential genannt. Doch Afrika besitzt einen weiteren - menschlichen - Reichtum und damit verbundenes Potential, das nicht erwähnt wurde. Vielleicht geschah das deswegen nicht, weil es in den nördlichen Breiten weit hinter anderen Prioritäten zurücksteht und langsam in Vergessenheit gerät. In Vergessenheit geraten sollte jedoch nicht, dass man eine Hand mit erhobenem Zeigefinger nicht zur Hilfe reichen kann.
 
 Ihr Kommentar 


Bildung-Archiv




© 2004 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg