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Text von Mittwoch, 23. Februar 2005

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 Rezeptor entdeckt: Bald Mittel gegen Männerleiden? 
 Marburg * (fjh/pm)
Einen Rezeptor für die Prostata-Vergrößerung haben Dr. Gunther Wennemuth und Prof. Dr. Gerhard Aumüller vom Institut für Anatomie und Zellbiologie entdeckt. Das gab die Philipps-Universität am Mittwoch (23. Februar) bekannt.
Durch in-vitro-Untersuchungen an menschlichen Prostatazellen haben die beiden Ärzte nachgewiesen, dass in der Prostata - der Vorsteherdrüse bei Männern - der sogenannte "AT1-Rezeptor" sowohl vorhanden als auch funktionell ist. Dieser Rezeptor kommt damit als eine der möglichen Ursachen für die krankhafte Vergrößerung (Knotenbildung) der Prostata in Betracht. Bei bis zu 80 Prozent der Männer führt sie - meist in späteren Lebensabschnitten - zu teilweise großen Beschwerden.
Die Arbeit von Wennemuth und Aumüller wurde im "British Journal of Pharmacology" unter dem Titel "Angiotensin II-mediated calcium signals and mitogenesis in human prostate stromal cell line hPCPs" 144, 3-10) veröffentlicht.
Die Wissenschaftler waren von der Fragestellung ausgegangen, wie es zur sogenannten "benignen Prostata-Hyperplasie" (BPH) kommt. Darunter versteht man die gutartige Vergrößerung der Prostata. In letzter Zeit war vermehrt vermutet worden, dass eine Reihe von Botenstoffen - unter anderem Angiotensin II - dafür in Betracht kommt. Dabei handelt es sich um ein Gewebshormon, das Muskelzellen in den Blutgefäßen zum Wachstum stimuliert.
Da BPH nur bei Menschen, Hunden und Löwen bekannt ist, wurde die Forschung bisher stark behindert. Aus Mangel an Tiermodellen haben Wennemuth und Aumüller nun an einer Zellkultur von Prostata-Muskelzellen nachweisen können, dass der AT1-Rezeptor in den knotenbildenden Muskelzellen der Prostata vorhanden ist und dass Angiotensin II an ihn bindet.
Somit besteht Hoffnung, dass eine bereits existierende Medikamentenfamilie - die AT1-Rezeptor-Antagonisten - genutzt werden könnte, um eine der am weitesten verbreiteten Beschwerden älterer Männer zu behandeln und ihr vorzubeugen.
Rezeptor-Antagonisten verhindern, dass Angiotensin an die Rezeptoren bindet. So kann das Hormon seine wachstumsfördernde Wirkung nicht entfalten.
Kann in klinischen Studien nun ein Zusammenhang zwischen der Funktion des AT1-Rezeptors und BPH nachgewiesen werden, könnten künftigen Patienten viele Beschwerden erspart bleiben, von Behinderungen bei der Harnentleerung bis hin zu Blasenschwäche. Gleichzeitig hätte dies - angesichts der hohen Zahl von Patienten - auch positive ökonomische Konsequenzen.
Auch zuvor wurden bereits verschiedene andere Rezeptoren in den glatten Muskelzellen der Prostata entdeckt. Allerdings zeigte deren Blockade durch Medikamente bislang keinen durchschlagenden therapeutischen Erfolg.
Die gutartige BPH ist zu unterscheiden von dem bösartigen Prostatakarzinom, an dem allein in der Bundesrepublik jährlich bis zu 20.000 Patienten sterben. Gleichwohl steht zu erwarten, dass die weitere Erforschung der Prostatafunktionen auch zu Erkenntnissen über diese - häufig tödlich verlaufende - Krebskrankheit führen könnte.
 
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