Text von Freitag, 11. Februar 2005
Tödliche Sparwut: Klinik-Verkauf und die Folgen | ||
Marburg * (hjf)
Wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Genau das passiert momentan mit der Region Mittelhessen. Dort will der hessische Ministerpräsident Roland Koch zum Jahresende die Universitätskliniken in Gießen und Marburg zusammenführen und an einen privaten Investor verkaufen. Das spült Geld in den abgemagerten Staatssäckel. Gestritten wird nun zwischen Landesregierung und Belegschaft der Krankenhäuser. Die Beschäftigten fürchten um ihre Arbeitsplätze. Der lachende Dritte wäre dann die Universität in Frankfurt. Der geplante Ausbau des dortigen Uni-Campus für rund 500 Millionen Euro rückt mit dem Verkauf der mittelhessischen Kliniken in finanzierbare Nähe. Von einer Veräußerung an eine "Kliniks-Kette" ist dabei die Rede. Da fällt die Assoziation mit einer bekannten Fastfood-Kette nicht schwer. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Qualität beider Ketten nicht ebenfalls einander annähert. Rund 200 Millionen Euro müssten in das Gießener Klinikum investiert werden. Wen wundert es da, dass der Vorstand des Gießener Krankenhauses die Planungen begrüßt? Ob es die Investitionen allerdings wirklich geben wird, ist eher zweifelhaft. Denn schon geht das Gerücht um, das im maroden Gießener Krankenhaus künftig nur noch Kassenpatienten und im modernen Marburger Haus ausschließlich Privatpatienten untergebracht werden sollen. Führt das nicht bald zu einem Zwei-Klassen-System par exelance? Das sich auch die 53 Gießener Medizin-Professoren für die Privatisierung aussprechen, scheint angesichts des desolaten Zustandes ihres Hauses nicht verwunderlich. Sicherlich sind sie von der Aussicht begeistert, künftig durch einen privaten Investor mehr Forschungsgelder zu bekommen. Denn die Forschung spült Geld in die Kassen. Und das ist es, worauf es den Aktionären privater Betreiber ankommt. Die Übernahme wird von der Landesregierung an strenge Auflagen gekoppelt. So darf es etwa keine betriebsbedingten Kündigungen bis zum Jahr 2010 geben. Als "bloße Atrappe" bezeichnete das der Marburger SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Thomas Spies. Zu Recht: Denn was passiert mit den freiwerdenden Stellen, die durch die sehr hohe Personalfluktuation in Krankenhäusern neu besetzt werden müssen? Bei der Privatisierung des Krankenhauses im mittelhessischen Lich hat sich gezeigt, dass solche Stellen durch billige Leih-Arbeitnehmer ersetzt werden. Letztlich wird darunter die Patientenbetreuung leiden. Die Folge könnte sogar eine höhere Sterblichkeitsrate sein. Diese Befürchtung belegt eine Studie aus den USA von 2002 mit mehr als 38 Millionen Patienten. Demnach steigt die Sterblichkeit in gewinnorientierten Krankenhäusern ohne Gemeinwohlverpflichtung um zwei Prozent. Die Zeche zahlen also wieder einmal die Patienten, und manche möglicherweise sogar mit dem Tod. | ||
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