Text von Montag, 31. Oktober 2005
Münte und Macht: Nicht alles Gute kommt von oben | ||
Marburg * (fjh)
So hatte er sich das wohl nicht vorgestellt! "Heulen und Zähneklappern" hatte Hessens Ministerpäsident Roland Koch vorhergesagt. Doch damit hatte er nicht die SPD gemeint. Nun aber ergreifen "Heulen und Zähneklappern" die Partei, die gerade Koalitionsverhandlungen mit der CDU führt. Ursache für das Desaster war nicht die demokratische Wahl einer Generalsekretärin. Mit deutlicher Mehrheit siegte die "Linke" Andrea Nales am Montag (31. Oktober) über Franz Münteferings Vertrauten Kajo Wasserhöfel. Angesichts von 23 Stimmen für Nales und nur 14 für seinen Wunschkandidaten kündigte "Münte" daraufhin an, sich beim SPD-Parteitag am Samstag (19. November) in Karlsruhe nicht wieder um den Parteivorsitz zu bewerben. Die SPD ist kopflos. Aufgeregt wie gackernde Hühner rennen die Politiker jeglicher Couleur nun durcheinander. Schuldzuweisungen und harsche Kritik machen die Runde. Dabei ist aber der Grund für das Debakel noch gar nicht thematisiert worden. Müntefering wie auch Bundeskanzler Gerhard Schröder haben der Partei mehr an Sozialabbau und "Reformen" zugemutet, als sie verkraften konnte. Münte hat die SPD dabei nur als Machtbasis betrachtet, die im Zweifel brav alles mitmacht, was der Regierung frommt. Aus der Zeitung haben die "Genossen" erfahren, wen er ihnen als Generalsekretär vorsetzen wollte. "Der Krug geht so lange zu Brunnen, bis er bricht" schrieb einst Heinrich von Kleist. Die Schmerzgrenze der SPD war schon lange erreicht. Nun wehrt sie sich gegen die Bevormundung nach Gutsherren-Art. Massenhaft hat die SPD Wähler verloren. Viele sind aus der Partei ausgetreten. Abtrünnige Sozialdemokraten wie Oskar Lafontaine haben sich der Linkspartei angeschlossen. Die SPD ist längst nicht mehr die traditionsreiche alte Arbeiter-Partei. Auch in der Marburger SPD konnte man bisweilen deutliches Grummmeln vernehmen. Selbst hochrangige Funktionsträger in Stadtparlament und Magistrat haben Schröders Politik scharf kritisiert. So ist es nun kein Wunder, dass die Mehrheit im Parteivorstand mit Andrea Nales für einen eigenständigen Kurs der Partei gegenüber der anstehenden großen Koalition gestimmt hat. Nützen wird diese Strategie nun freilich nur noch wenig. Denn was Nales demnächst gegen erbitterte Widerstände in der eigenen Partei durchsetzen will, das hätte die SPD schon vor fünf Jahren beginnen müssen. Nun rächt sich der Kurs von Schröder und Müntefering, die ihre Partei von oben herab auf eine Linie eingeschworen haben, die das Parteivolk nicht wirklich mittragen konnte. Erstaunt denkt nun auch Edmund Stoiber darüber nach, ob er nicht besser in Bayern bleiben soll. Den Verhandlungsführern der CDU dürfte schnell klar geworden sein, daß diese SPD in einer Großen Koalition nicht mehr alle Schweinereien mitmachen wird. Sie kann es einfach nicht! "Heulen und Zähneklappern" herrscht jetzt bei der politischen "Elite" in den beiden großen Parteien. Diese Herschaften haben einfach zu lange die Zähne zusammengebissen nach dem Motto: "Was kümmert uns unsere Basis? Wir machen, was wir für nötig halten. Augen zu und durch!" | ||
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