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Text von Samstag, 4. Juni 2005

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 Beteiligte Massen: Ein Volk von Raubmördern? 
 Marburg * (fjh/pm)
Zu einer Buchvorstellung und Diskussion kommt der Historiker Dr. Götz Aly am Montag (6. Juni) nach Marburg. Unter dem Titel "Hitlers Volksstaat - Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus"referiert er ab 20 Uhr im Kulturladen KFZ an der Schulstraße.
Im März 2005 ist im S.-Fischer-Verlag das provokante und bereits in allen Medien viel diskutierte Sachbuch des Berliner Historikers und Journalisten erschienen. Götz Aly deutet darin den Holocaust - die Vernichtung der europäischen Juden - als größten Massen-Raubmord der Geschichte.
"Der nationale Sozialismus sorgte für ein - bis dahin nicht gekanntes - Maß an Gleichheit und sozialer Aufwärts-Mobilisierung auf der Basis eines ungeheuren Raub- und Rassenkrieges. Das machte ihn populär und verbrecherisch.
In ihrer Mehrheit verwandelte die NS-Führung ihre "Volksgenossen" nach Alys Ansicht eben nicht - wie oft vermutet - in fanatisierte Mitläufer und Aktivisten. Vielmehr sei es ihr gelungen, sie massenhaft zu korrumpieren, sie mit noch heute vertrauten Techniken sozialstaatlicher Fürsorglichkeit zu Nutznießern des Bösen werden zu lassen. "Das materiell üppige Sein, der indirekte, im Einzelnen schwer greifbare, doch spürbare Vorteil aus den Großverbrechen bestimmte das Bewusstsein der meisten Deutschen", meint Aly.
Das erkläre das Ausbleiben eines breiteren Widerstands ebenso wie das spätere Fehlen von Schuldbewusstsein.
"Wer von den Vorteilen für Millionen einfacher Deutscher nicht reden will, der sollte vom Nationalsozialismus und vom Holocaust schweigen", meint z Aly.
Geboren wurde er 1947. Aly besuchte die Deutsche Journalistenschule in München, studierte Geschichte und Politische Wissenschaften in Berlin. Er hat wichtige Veröffentlichungen zur Sozialpolitik und zur Geschichte des Nationalsozialismus vorgelegt. Im Jahr 2002 erhielt er den Heinrich-Mann-Preis für Essayisti, ein Jahr später den Marion-Samuel-Preis.
Götz Aly hat zur Zeit die Gastprofessur für interdisziplinäre Holocaust-Forschung am Fritz-Bauer-Institut inne.
 
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