Text von Samstag, 26. März 2005
Allmachts-Phantasien: Mehr Licht dank Sommerzeit | ||
Marburg * (fjh)
Gott sprach: "Es werde Licht! Und es ward Licht. Diese Beschreibung aus dem ersten Buch "Genesis" des "Alten Testaments" der Bibel drückt die Allmacht des so gepriesenen Gottes aus. Generationen von Menschen hätten auch gerne ein kleines Scheibchen von dieser großen Macht. Den abgeordneten der meisten europäichen Parlamente ist das vor 25 Jahren schon geglückt. Ihnen ist es mit vereinter Kraft gelungen, den Tag zu verlängern. "Sommerzeit" heißt die Zauberformel, die dieses Wunder vollbracht hat. Am letzten Sonntag im März - dieses Jahr ist es Sonntag (27. März) - werden die Uhren mitten in der Nacht einfach eine Stunde vorgestellt. Aus 3 Uhr wird so 4 Uhr, aus 22 Uhr 23 Uhr. In der Nacht des Umstellungstags wird den Menschen kurzerhand eine Stunde gestohlen. Doch keine Angst: Sie wird ihnen am letzten Sonntag im Oktober brav wieder zurückgegeben! Zeit-Diebe waren die europäischen Abgeordneten nämlich nicht. Im Gegenteil: Sie haben den Bürgerinnen und Bürgern ihrer Länder viel mehr Zeit geschenkt als nur eine Stunde. Ruhig können sie wie auch die Besucher der Länder mit Sommerzeit draußen im Hellen sitzenbleiben, wenn es um 21 Uhr immer noch nicht dunkel wird. Eigentlich ist es ja auch erst 20 Uhr! Klammheimlich haben die Parlamente die Menschen so zu Früaufstehern gemacht. Eine Stunde früher sollen sie hinaus ans Tageslicht, damit sie es eine Stunde länger genießen können. Mehr geworden ist das Sonnenlicht dadurch nicht, aber von der vorhandenen Helligkeit wird so weniger verschlafen. Es ist ein einfacher Taschenspielertrick, mit dem die Gesetzgeber die göttliche Schöpfung überlistet haben. Und doch können sich die Beteiligten zurücklehnen und voller Stolz auf ihre sommerzeit blicken. Wie viele Gastronomen danken es ihnen mit höheren Umsätzen und - in der Folge - mit höheren Steuern? Wie viele Ganoven müssen eine Stunde länger warten, bis sie ihr kriminelles Treiben im Schutze der Dunkelheit vollbringen können und treffen das erhoffte Opfer dann gar nicht mehr an? Die übergroße Weisheit der beteiligten Politiker verdient wahrlich jedes Lob. Dank der Sommerzeit erstrahlt ihr Ruhm jedes Jahr wieder auf´s Neue. Energie haben sie damit gespart und schlechte Laune beseitigt. Was will man mehr von Politikern? Stolz und selbstzufrieden haben sie seither leider geglaub, sie seien allmächtig. Was sie dabei aber alles angerichtet, das geht auf keine Kuhhaut! | ||
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