Text von Donnerstag, 17. März 2005
Das ist der Gipfel: Macht marginalisiert Millionen | ||
Marburg * (hjf)
Was ist eigentlich los in diesem Land? Über 5,2 Millionen arbeitslos gemeldete Menschen ließen eigentlich vermuten, dass die Führung Deutschlands sich ernsthaft um die Verringerung dieser Zahl bemüht. Stattdessen erlebt der Bürger wieder einmal ein Polit-Theater par excellence. Zur Chronologie: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) meldete im Februar die erschreckende Zahl von 5,24 Millionen Arbeitslosen. Das ist die höchste Zahl seit dem Zweiten Weltkrieg. Daraufhin schrieben die Partei-Chefs von CDU und CSU, Angela Merkel und Edmund Stoiber, Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) einen Brief und boten ihm ihre Zusammenarbeit zur Lösung des Arbeitslosenproblems an. Aussagen der Regierung, dass CDU und CSU die hohen Arbeitslosenzahlen mitzutragen hätten, weil sie ja schließlich das vermeintliche Arbeitsbeschaffungsprogramm Hartz IV. mitbeschlossen hätten, verhallten relativ ungehört. So sehe man den guten Willen im Brief der Opposition und freue sich auf die Ergebnisse des Treffens. Das könnte so sein. SPD-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering machte hier aber einen dicken Strich durch die Rechnung und bezeichnete den Brief Merkels und Stoibers als verlogen. Das einzige Fettauge auf der dünnen Suppe sei der Titel "Packt für Deutschland". Kanzler Schröder, der sich während dessen auf einer Reise in den arabischen Emiraten befand, stand dem schon offener gegenüber. Er habe nichts gegen einen ernstgemeinten Gesprächstermin. Wieder zurück in Deutschland meinte er deshalb auch, dass mit der CDU/CSU "was gehen" könne. Merkel äußerte ihren unbedingten Willen, ein Ergebnis für Deutschland zu erzielen. Ihre Bemühungen in allen Ehren. Die List dabei ist jedoch, der Regierung im nächsten Wahlkampf vorwerfen zu können, sie sei der Arbeitslosigkeit nicht alleine Herr geworden. Nebenbei stärkt ein Erfolg ihre Aussichten als nächste Bundeskanzlerin gewählt zu werden. Gibt es aber keinen Erfolg, wird die Regierung für das Scheitern verantwortlich gemacht und die CDU wäscht ihre Hände in Unschuld. Dazu erklärt sie dann sicher, dass CDU und CSU bereit gewesen seien, die Regierung aber unfähig sei. Das wäre für die Opposition vielleicht sogar ein passendes Signal für die nächste Bundestagswahl. Ihr käme ein Scheitern der Gespräche zupass? CSU-Chef Stoiber ließ zwischendurch schon vermelden, dass er nicht so recht an einen Erfolg der Gespräche glaube. Der Bürger solle sich nicht zu große Hoffnung machen. Also schonmal präventive Schadensbegrenzung. Passend zu dieser skeptischen Haltung Stoibers bot Kanzler Schröder für das Gespräch Themen an, die der Verminderung der Arbeitslosenzahlen wohl nur wenig dienlich sein dürften. Er ist ja auch immer noch überzeugt von der Hartz-IV-Reform. So behauptete ervor dem mittlerweile sogenannten "Job-Gipfel" am Donnerstag (17. März) in einer Regierungserklärung, dass die Reformen allmählich greifen würden. Da fragt sich der Arbeitslose nur wo. Diese Regierungserklärung ist aber wichtig. Will Schröder doch auf jeden Fall vermeiden, das Ruder aus der Hand zu geben. Macht scheint wiedermal das einzige zu sein, um das es auf dieser politischen Bühne geht. Dem Außenstehenden bleibt bei diesem Polittheater vor Staunen nur noch der Mund offen stehen. 5,2 Millionen Arbeitslose auf der einen und profilierungsneurotische Politiker auf der anderen Seite. An echte Zusammenarbeit ist nicht zu denken. Schließlich behält jede Seite ausschließlich die nächsten Wahlen im Auge. Doch auf wessen Rücken wird dieser Vor-Wahlkampf ausgetragen? Nur auf dem der Arbeitslosen. Und wer gewinnt dabei? Nicht der Arbeitslose, sondern die Führungsriege des Staates. Doch Vorsicht: Es gab schonmal eine Zeit, in der Politiker aller Couleur versucht haben, die Macht zu erringen, um angeblich die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Aber auch damals war der Verlierer die Bevölkerung. Dass die anstehenden Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Kriegsendes die Politiker zum Nachdenken bewegen, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Der Bundeskanzler kündigte ein Bündel an Maßnahmen gegen die hohe Arbeitslosigkeit an. Bei 5,2 Millionen Arbeitslosen muss das Bündel aber schon einen wirklichen Knalleffekt nach sich ziehen. Bleibt zu hoffen, dass sich dieser Knaller dann nicht als bloßer Theaterdonner entpuppt. | ||
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