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Text von Montag, 31. Januar 2005

> p o l i t i k<
  
 RUM für Boykott: Keine Ein-Euro-Jobs! 
 Marburg * (fjh/pm)
Zum Boykott der "Ein-Euro-Jobs" ruft Radio Unerhört Marburg (RUM) kulturelle Initiativen und soziale Einrichtungen auf. Das erklärte Marburgs nichtkommerzieller Hörfunksender am Montag (31. Januar).
Viele Kultur- und Sozialinitiativen können schon seit Jahren nur mit öffentlich geförderten Stellen existieren. Da diese durch die Hartz-IV-Reform nun weitgehend wegfallen, liegt die Versuchung nahe, diese Lücke durch sogenannte "Ein-Euro-Jobs" zu füllen.
Im Zuge der Arbeitsmarkt-Reform "Hartz-IV" wurde mit den sogenannten "Arbeitsgelegenheiten" eine Einrichtung geschaffen, die Arbeitssuchende in eine Art Zwangsdienst presst, der darauf abzielt, ihre Arbeitskraft zu einem Wert nahe Null zu verkaufen, ohne dass die Betroffenen noch Einfluss auf die Bedingungen haben.
Soziale Initiativen spekulieren darauf, ihre - durch die "Operation Sichere Zukunft" der hessischen Landesregierung gestrichenen - Stellen mit Ein-Euro-Jobbern wieder aufzufüllen. Die meisten Kultur-Initiativen hielten sich bisher weitgehend mit bezuschussten Stellen über Wasser, die nun durch die Hartz-IV-Reform wegfallen.
Die "Ein-Euro-Jobs" scheinen zur Füllung dieser Lücke die einzige Alternative zu sein. Allerdings nehmen die Initiativen damit unter anderem in Kauf, dass ihre Beschäftigten keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse erhalten.
Andere Initiativen sind sich einig darüber, dass die "Ein-Euro-Jobs" keine gute Sache sind, wollen aber individuell Hilfe anbieten. Sie stellen solche Jobs bereit, um betroffenen Personen den Druck von den Schultern zu nehmen und ihnen die "Arbeitsgelegenheit" so "angenehm" wie möglich zu gestalten.
Mit der Bereitstellung eines derartigen "Arbeitsplatzes" erwecke man den Eindruck, nicht nur der Einrichtung, sondern auch den Betroffenen einen Gefallen zu tun. Zu berücksichtigen sei aber, dass die Zumutbarkeits-Kriterien mit den Reformen stark verschärft wurden. Mittlerweile muss fast jede "Arbeitsgelegenheit" angenommen werden.
Wenn auch oft unbeabsichtigt, leisten alle Initiativen und Einrichtungen, die - egal aus welchem Grund - einen "Ein-Euro-Job" anbieten, einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung und Akzeptanz der Zwangsmaßnahme "Arbeitsgelegenheiten", erklärt das Radio. Die gesellschaftlichen Folgen dieser Reformen seien gravierend: zunehmende Verarmung, steigende Ausbeutung der Arbeitskräfte nach frühindustriellen Muster, Lohndumping, Verdrängung von regulär Beschäftigten vom Arbeitsmarkt und Verstärkung der innerehelichen Abhängigkeit.
Deshalb wird RUm diese Zwangsmaßnahmen nicht unterstützen. Radio Unerhört wird - trotz der Nachfragen von Betroffenen - keine "Arbeitsgelegenheiten" anbieten, um ihrer dauerhaften Etablierung keinen Vorschub zu leisten. Außerdem ruft das Radio alle kulturellen und sozialen Initiativen und Einrichtungen auf, sich diesem Schritt anzuschließen.
 
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