Text von Donnerstag, 13. Januar 2005
Unterschriftenaktion: 98 % gegen Neugestaltung | ||
Marburg * (sts)
"Hier ist von Seiten der Stadt eine Bürgerbeteiligung vorgegaukelt und die Legitimation für die von vorneherein favorisierte Bauvariante erschlichen worden", meinte Dr. Hanns Jürgen Wiegand. In Zusammenarbeit mit Henry Kessler und Jan-Bernd Röllmann hatte Wiegand eine Unterschriftenaktion zur Neugestaltung der Ketzerbach initiiert. Die Unterzeichner sollten darin fünf Aussagen zur Umgestaltung zustimmen. Am Donnerstag (13. Januar) konnten die drei Geschäftsleute im "Alten Ritter" 143 Unterschriften von Gewerbetreibenden, Beschäftigten und Anwohnern vorlegen. "Damit haben 98 Prozent aller Geschäftsleute und Gewerbetreibenden in der Ketzerbach, in Zwischenhausen, im vorderen Steinweg und der vorderen Elisabethstraße die Aktion unterstützt", setzte Wiegand die absoluten Zahlen ins Verhältnis. Mitte 2004 hatte der Magistrat der Stadt Marburg in einer Bürgerversammlung drei Varianten zur Neugestaltung der Ketzerbach vorgestellt. Dabei sei von Anfang an die sogenannte "Boulevard-Variante" favorisiert worden. Eine "ergebnisoffene Diskussion habe es nicht gegeben", warf Röllmann dem Magistrat vor. Die von der Stadt favorisierte Variante sieht eine Verbreiterung der Bürgersteige auf jeweils 5,50 Meter, die Abholzung sämtlicher Bäume, den Wegfall der Parkplätze zwischen den Fahrbahnen und stattdessen die Errichtung eines schmalen Wasserbandes in der Fahrbahnmitte vor. Mit Beschluss des Stadtparlamentes vom Freitag (17. Dezember) ist dieser Umgestaltungsvorschlag dem zuständigen Ministerium in Wiesbaden vorgelegt worden. Mittlerweile hat die Hessische Landesregierung der Verlängerung der Städtebaufördermittel zur Finanzierung des Bauprojekts zugestimmt. "Auch wir sind für die Neugestaltung der Ketzerbach, aber auf eine schonende Weise", sagte Kessler. Die Unterzeichner fordern die Erhaltung von mindestens 75 Kurzzeit-Parkplätzen und richten sich gegen die Zusammenlegung der Fahrbahnen. Neben dem Wegfall der Parkplätze würde auch das Unfallrisiko durch einen schnelleren Verkehrsfluss erhöht. Langfristig sei durch die geplante Umgestaltung "die Zerstörung der Verkehrs-, Geschäfts- und Wohnstruktur der Ketzerbach zu erwarten", befürchteten die drei Geschäftsleute. Es fehle ein ganzheitliches Städtebaukonzept für den Bereich der Nordstadt vom Hauptbahnhof bis zum Rudolphsplatz. Nur durch isolierte Maßnahmen sei die Gesamtsituation nicht zu verbessern. Ein äußerst schwerwiegendes Problem sei zudem der bevorstehende Umzug der verbliebenen Universitätskliniken auf die Lahnberge. Vereinbarungen mit der Philipps-Universität beispielsweise im Hinblick auf Ersatz-Parkplätze bei der Pharmazie existierten trotz anderslautender Aussagen von Seiten des Oberbürgermeisters nicht, meinte Wiegand. Die Idee zur Schaffung einer Campus-Universität durch den Umzug der geisteswissenschaftlichen Institute in die Kliniken befinde sich erst in der Vor-Vorplanung. Ein Finanzierungskonzept sei nicht in Sicht. Die Gefahr eines dauerhaften Leerstandes dieser Gebäude bestehe. Eine Verödung der Ketzerbach wäre dann die Folge. "Diese vielen Unklarheiten können nicht zur Grundlage einer so weitgehenden Planung gemacht werden", kritisierte Wiegand. In der nächsten Woche soll die Unterschriftenliste Oberbürgermeister Dietrich Möller übergeben werden. Da es in der Beschlussfassung des Stadtparlamentes hieße, dass dem Neugestaltungskonzept der Ketzerbach die "Boulevard-Variante" lediglich als Grundlage dienen solle, seien Änderungsmöglichkeiten gegeben, ohne den Beschluss aufheben zu müssen, glaubte Röllmann. Alle drei Initiatoren waren letztlich der Meinung, dass die Politik nicht dauerhaft gegen die Interessen fast aller Anwohner handeln könne und somit zu Änderungen im Konzept gezwungen sei. | ||
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