Text von Donnerstag, 27. Oktober 2005
Benn und Mac Keldey: Lyriker las zum Jahrestag | ||
Marburg * (fjh)
"Die Passanten und Flaneure haben mir zugehört", berichtet Gert Mac Keldey. Der Marburger Lyriker hat am Mittwoch (26. Oktober) in der Wilhelmstraße eine Aktion zum 100. Jahrestag der Ersteinreichung von Texten Gottfried Benns durchgeführt. Benn hatte 1905 erstmals Gedichte an einen Verlag geschickt. Damals wohnte der Lyriker im Haus Wilhelmstraße 10. 1904 war Benn nach Marburg gekommen, um an der Philipps-Universität Theologie zu studieren. Später stieg er auf Medizin um. Er praktizierte als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Seine Gedichte erhielt Benn 1905 zurück. Der Verlag hielt sie für unbrauchbar. Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte Gottfried Benn zu einem der bedeutendsten Literaten Deutschlands. Mit dem Büchner-Preis erhielt er die höchste literarische Auszeichnung für deutschsprachige Literatur. Seine anspruchsvollen verschlüsselten Texte dienten einer ganzen Generation von Lyrikern als Vorbild. "Wenn ein Dichter in seinem Leben sechs gute Gedichte schreibt, dann ist das schon viel" hatte Benn einmal gemeint. In seiner Hommage an Gottfried Benn hielt sich Gert Mac Keldey an diese Zahl. Auf dem Bürgersteig vor dem Haus Nummer 10 las er sechs Texte aus seiner Poetologie vor. Die einzig zulässige Farbe für einen Lyriker sei "blau", hatte Benn einmal gefordert. Wenngleich Mac Keldey auch alle anderen Farben für zulässig hält, sofern sie nur passen, hat er sich doch vor der blauen Mülltonne auf dem Gehsteig postiert. Nach 18.30 Minuten war die Aktion zu Ende. "Der Müllwagen kam und leerte die Mülltonne, vor der ich gestanden hatte", berichtet Mac Keldey. Der Gehalt seiner Gedichte - so hofft der Marburger Lyriker - sollte sich indes deutlich vom Inhalt der Tonne unterscheiden. | ||
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