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Text von Freitag, 11. März 2005

> k u l t u r<
  
 GefangenGenommen: Vogler-Quartett in der Stadthalle 
 Marburg * (hjf)
Einen ganz besonderen akustischen Leckerbissen erlebten die Besucher am Donnerstag (10. M rz) in der Stadthalle. Das "Vogler-Quartett" machte dort Station. Veranstalter war der Marburger Konzertverein.
Dass es sich um ein besonders hochkarätiges Konzert handeln musste, suggerierte dem Besucher schon die Anwesenheit des Hessischen Rundfunks. HR-Klassik übertrug das Konzert live nach ganz Hessen. So war es auch nicht verwunderlich, dass die Stadthalle fast ausverkauft war.
Auf dem Programm standen Werke des 18. und des 20. Jahrhunderts. Tim Vogler spielte die erste Violine, Frank Reinecke die zweite Violine, Stefan Fehlandt die Viola und Stephan Fork das Cello.
Zu beginn interpretierten die Musiker das Streichquartett B-Dur - K chel-Verzeichnis 589 - von Wolfgang Amadeus Mozart. Hier ist schon der Name Programm. Entsprechend war es ein heiteres, eher leichtes Werk.
Das Vogler-Quartett griff in die Saiten und lies gleich zu Anfang spüren, dass es sich hier um echte Vollblutmusiker handelt. Sie zeichneten exakte Tonlinien und ließen technisch keine Wünsche offen. Lediglich dynamisch interpretatorisch hätte es ein bisschen stärker sein dürfen. Die beschwingte Leichtigkeit kam aber dennoch gut zur Geltung. Zwischen den Musikern herrschte absoluter Einklang und der bemühte Kritiker suchte vergeblich nach falschen Tönen.
Als Zweites hatten die Musiker einen eher unbekannten Komponisten des 20. Jahrhunderts herausgesucht. Die Unbekanntheit ist aber keineswegs verwunderlich. Erwin Schulhoff war jüdischer Abstammung, weshalb die Aufführung seiner Werke 1933 unter dem nationalsozialistischen Regime verboten wurde. Außerdem klingt in seinen Werken seine Zuneigung zur Jazzmusik und zum Dadaismus an, die während der Nazi-Herrschaft als undeutsch galten. 1942 kam Schulhoff im Konzentrationslager Wülzenburg bei Weißenburg um. Nach dem Zweiten Weltkrieg gerieten die Werke Schulhoffs deshalb in Vergessenheit.
Ausgewählt hatten die Musiker sein Streichquartett Nummer 1 von 1924. Schon die ersten Takte ließen den Hörer positiv erschauern. Rhythmisch sehr akzentuiert und klanglich äußerst spannungsreich kam es daher. Charakterlich kaum wirklich verbal treffend zu fassen, erinnerte es jedoch an eine Mischung aus Programm-Musik und Impressionismus.
Besonders in den leisen Passagen des Werkes bewiesen die Künstler ihr hohes technisches Niveau. So gelang es ihnen meisterlich, das Publikum in den Bann des Werkes zu ziehen. Da störte es nicht, dass dem Hörer der rote Faden des Werkes - wie so häufig bei moderner klassischer Musik - verborgen blieb. Streckenweise erlag der Besucher dem faszinierenden, bezaubernden Anklang von Elementen der Minimalmusik. Keine Frage: Für diese Darbietung hatten sich die Künstler den großen Applaus zur Pause redlich verdient.
Das Vogler-Quartett besteht in seiner jetzigen Besetzung bereits seit 1986. Studiert haben alle vier Musiker an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. Im Laufe der Jahre haben sie sich ein Repertoire von über 200 Werken erarbeitet. Bekannt wurden die Künstler unter anderem mit ihren Gesamteinspielungen der Streichquartette von Robert Schumann und Johannes Brahms.
Nach der Pause spielten sie das Streichquartett Nummer 9 in C-Dur von Ludwig van Beethoven. Es ist das dritte der drei sogenannten "Rasumowsky-Quartette". Nach einer langsamen Einleitung ging es - wie bei Beethoven nicht anders zu erwarten - harmonisch gleich in die Vollen.
Auch hier bewiesen die Mitspieler des Quartetts erneut ihre technische Perfektion. Aber auch die Artikulation und Interpretation waren sauber und nahmen den Hörer mit auf eine musikalische Reise. Entsprechend begeistert war das Publikum und spendete langen Beifall.
Mit einem Presto Beethovens als Zugabe verabschiedeten sich die Künstler vom Marburger Publikum. Hoffentlich nur für dieses Mal!
 
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