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Text von Donnerstag, 9. Dezember 2004

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 Weibliche Dominanz: Das Geheimnis der Tüpfelhyänen 
 Marburg * (atn)
Die Stärke des weiblichen Geschlechts beleuchtete Prof. Dr. Heribert Hofer am Donnerstag (8. Dezember) im Hörsaalgebäude. Der Berliner Wissenschaftler hielt dort im Rahmen des Studium Generale zu "Mensch und Tier" einen Vortrag über "Sozialverhalten und geschlechtsspezifische Rollenverteilung bei Tüpfelhyänen". Wer sich von diesem etwas spröden Titel nicht hatte abschrecken lassen, konnte von dem Hyänenforscher Hofer mehr über dessen Fachgebiet lernen.
Das Interessante an Tüpfelhyänen ist ihre komplexe und fein aufgeprägte Sozialstruktur. Wie überall im Tierreich ist das soziale Umfeld für den Erfolg eines jeden Individuums maßgebend. Besonders für seinen Fortpflanzungserfolg.
Hyänenweibchen pflegen laut Hofer sehr intensive soziale Kontakte. Versöhnung zur Reparatur von Beziehungen, die Attraktivität hochrangiger Individuen und das Verhindern des Kontakts zu diesen Hochrangigen spielen eine wichtige Rolle. Diese drei Verhaltensmerkmale hat auch der Mensch. Sie sind es, anhand derer man einst den Menschen vom Primaten abgegrenzt hat. Hofer zeigte viele Parallelen zum menschlichen Wesen auf, was diesem Vortrag neben der rein biologischen noch eine fast psychologische Dimension verlieh.
Denkt man an Dominanz, Aggressivität und eben diese Fortpflanzung, dann kommt einem sofort etwas Männliches in den Sinn. In vielen Tiergemeinschaften gibt es jedoch eine absolute weibliche Dominanz.
Bei der Klärung dieser Frage verirrten sich die - männlichen - Wissenschaftler zunächst auf den Holzweg der Hormone, was auch einsichtig ist. Wer stark sein will, muss groß sein. Wer sich durchsetzen will, muss aggressiv sein. Den Schlüssel hierzu findet man in den männlichen Hormonen, unter anderem Testosteron. Untersuchungen ergaben jedoch, dass weibliche Tüpfelhyänen keinesfalls "hormongeflutet" sind und auch nicht größer als ihre männlichen Artgenossen.
Wie kam es aber nun zu dieser Verschiebung oder Verdrehung der geschlechtsspezifischen Rollenverteilung? Weibliche Forscherinnen wagten die Frage, ob die Männchen sich vielleicht aus irgendeinem Grund unterworfen haben.
Um dieser Frage auf den Grund zu kommen, stellte Hofer die Besonderheiten der primären Geschlechtsmerkmale der Tüpfelhyänen vor. Die weiblichen Tiere kann der ungeschulte Blick nicht von den männlichen unterscheiden, denn sie haben eine erigierbare Klitoris von den Ausmaßen eines Penis. Man nennt das "maskulinisierte Geschlechtsmerkmale". Sie kommen durch Hormone zu Stande. Durch diese Klitoris muss das Weibchen seine Jungen gebären, was zu großen Wunden führt und äußerst schmerzhaft sein muss. Diese anatomische Besonderheit ermöglicht - so vermutet man - den Weibchen jedoch die Überlegenheit. Die Männchen - denen äußerstes Geschick zu Begattung abverlangt wird - haben keine Möglichkeit, ein Weibchen zur Kopulation zu zwingen. Sie sind vollkommen auf die Bereitschaft des Weibchens angewiesen, um den komplizierten Akt durchzuführen. Das führt dazu, dass sozial kompetente, freundliche Hyänenmännchen von den weiblichen Tieren bevorzugt werden.
Aggressivität und damit Dominanz ist also bei den Typfelhyänen eine weibliche Eigenschaft. Sie zeigt sich auch in einer festen Hierarchie, in der erst hinter dem rangniedrigsten Weibchen ein Männchen steht. Eine englische Wissenschaftlerin hat hier herausgefunden, dass die Männchen nach dem Anstell-Prinzip vorgehen: wer zuerst da war, darf auch zuerst "ran".
Hofers Vortrag war sehr anschaulich und verständlich aufgebaut. Die Liebe zu "seinen" Hyänen merkte man dem Wissenschaftler an. Damit konnte er das interessiert nachfragende Publikum für seine Arbeit gewinnen.
 
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