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Text von Mittwoch, 8. Dezember 2004

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 Schule muss lernen: HU fordert radikale Reformen 
 Marburg * (lyg/pm)
Radikale Reformen im Schulsystem fordert der hessische Landesverband der Humanistischen Union (HU) . In den Ergebnissen der zweiten Pisa-Studie sieht die HU Hessen ein deutliches Signal für die Notwendigkeit tiefgreifender Veränderungen. Nicht in die Landschaft passe angesichts des ernüchternden Abschneidens deutscher Schülerinnen und Schüler die in Hessen geplante Verkürzung der Schulzeit.
Die HU Hessen warnte die Wiesbadener Landesregierung am Dienstag (7. Dezember) in einer - in Marburg veröffentlichten - Erklärung davor, ihre Pläne zur Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur von jetzt 13 auf nur noch zwölf Jahre gegen das einmütige Votum des Landeselternbeirats durchzusetzen. Keinesfalls dürfe das Kabinett in dieser wichtigen Frage den Elternwillen übergehen. Immerhin hatten die Vertreter der hessischen Elternschaft einstimmig gegen die Pläne der Kultusministerin Karin Wolf votiert.
Betrüblich findet HU-Landessprecher Franz-Josef Hankedie Ausrichtung der Bildungspolitik an fiskalischen Überlegungen. Die Verringerung der Schuljahre im Gymnasium sei wohl in erster Linie das Ergebnis von Einsparungshoffnungen der hessischen Kultusministerin Karin Wolf.
Ähnliche Erwägungen hätten in den vergangenen Jahren unter verschiedenen Landesregierungen schon zu einer immer stärkeren Belastung des Lehrpersonals geführt. Ein höheres Stundendeputat der Lehrerinnen und Lehrer lasse kaum noch individuelle Fördermaßnahmen für schwächere oder besonders begabte Schülerinnen und Schüler zu.
Es sei beschämend, dass in kaum einem anderen europäischen Land die Bildungschancen von Kindern so stark von ihrer sozialen Herkunft abhängen wie in Deutschland. Hier müsse unbedingt sofort etwas geschehen. Die Sprachförderung beim Schuleinstieg sei hier ein richtiger Ansatz der hessischen Kultusverwaltung.
Für dringend reformbedürftig hält die Bürgerrechtsorganisation auch das Lehramtsreferendariat. Die Strukturen dieses zweijährigen Vorbereitungsdienstes seien überkommen feudalistisch. Häufige Klagen über Mobbing im Referendariat seien so lange kein Zufall, wie die Ausbilder dort keinerlei effektiven Kontrolle unterlägen. "Das vielbeschworene Ziel einer Erziehung zum mündigen bürger bleibt so lange ein Lippenbekenntnis, wie die Lehrerausbildung selbst nicht in demokratischen Strukturen durchgeführt wird", erläuterte Hanke.
Im Mittelpunkt eines demokratischen Bildungssystems muss nach seiner Auffassung in erster Linie Motivation stehen. Derzeit funktioniere Schule in Deutschland aber vorwiegend mit Drohungen. Zwar müsse man Schülerinnen und Schülern Grenzen setzen, doch sollte vor allem die kindliche Neugier viel stärker genutzt werden als bisher. Versuchsschulen hätten hier bereits interessante Ergebnisse gezeigt.
Die HU Hessen tritt für einen offenen Wettbewerb unterschiedlichster Ansätze in verschiedenen hessischen Schulen ein. Dabei könnten Ideen in der Praxis ausprobiert und im Alltag weiterentwickelt werden. So könnten alle voneinander lernen.
"Bildung heißt heute lebenslang lernen", resümierte Hanke. "Das gilt auch für das Bildungssystem: Es muss sich ständig verändern und neuen Herausforderungen anpassen. Wie beim Pisa-Primus Finnland sollte dabei aber immer das Kind im Mittelpunkt stehen!"
 
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