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Text von Mittwoch, 24. November 2004

> b i l d u n g<
  
 Maßgeschneidert: Vom Wild- zum Haustier 
 Marburg * (atn)
"Das domestizierte Tier" war am Mittwoch (24. November) im Auditorium Maximum der Philipps-Universität Thema des Studium Generale.
Über die Rolle der Haustiere bei den frühen Bauerkulturen hielt Prof. Dr. Jens Lüning aus Frankfurt einen ausführlichen Vortrag.
Jene Anwesenden, die sich durch die Kälte gekämpft hatten, bekamen so tiefere Einblicke in den Werdegang des Tieres vom gefürchteten Wildtier zum friedlichen, gezähmten Nutztier. er Beginn der Domestikation liegt im Mesolithikum, der Mittelsteinzeit. Sie dauerte von 40.000 vor Christi Geburt bis ins Jahr 9.000 vor der christlichen Zeitrechnung.
Domestiziert wurden zuerst Pflanzen, dann Tiere. Das erste domestizierte Tier war der Wolf. Schon um 13.000 vor Christi Geburt zähmte man ihn. Es entstand eine wölfische und eine Spitz-Rasse.
Andere Nutztiere folgten. Dies waren zunächst Schafe und Ziegen - um 7.500 vor der Zeitrechnung. Später folgten Rinder und Schweine.
Die Domestikation folgte immer einem bestimmten Muster. Mernschen fingen Tiere ein und zähmten sie anschließend. Diese gezähmte Gruppe isolierten sie von den Wildtieren und wählten aus ihr besonders geeignet oder schön erscheinende Tiere zur Vermehrung aus. Durch diese Selektion und die Futterumstellung , bedingt durch andere Fütterungs- und Standortbedingungen als in der Wildnis, verschob sich der Gen-Pool dieser Gruppe. So entstanden langsam aus charakterlich wilden und unberechenbaren Tieren jene beherrschbaren Hofgenossen, die wir uns heute halten.
Domestizierte Tiere sind außerdem in ihrem Körperbau den "kulinarischen"Ansprüchen der Gesellschaft angepasst und meist gedrungener als ihre wilden Vorfahren.
austiere gab es zuerst im "fruchtbaren Halbmond" - dem vorderen Orient. Europäische Bauern haben nicht etwa selber Wildtiere gezähmt, sondern domestizierte Tiere gekauft und sorgsam vor den heimischen "Wilden" geschützt.
Das Schwein ist das erfolgreichste der domestizierten Tiere. Während die Wildform noch wie vor 10.000 Jahren durch die Wälder streift, entwickelte sich der Allesfresser in Obhut des Menschen durch intensive Mast zu einem pflegeleichten Fleischproduzenten.
Andere Tiere wurden mehrfach genutzt: Rinder, Ziegen und Schafe gaben nicht nur ihre Milch, sondern auch Haut und Haare. Ochsen dienten außerdem als Zug- und Lasttiere
So entstand im Laufe der Jahrhunderte eine tiefe Beziehung zu den Haustieren.
Gleichzeitig verlor sich die Symbolik der Tiere in der Kultur. Zwar fällt es leicht, jedem Tier bestimmte Charaktereigenschaften zuzuschreiben, die man auch heute noch gerne auf Menschen überträgt. Doch die grundsätzliche Einbeziehung, die Tiere als Symbolfiguren in früheren Zeiten hatten, ist längst nicht mehr so vorhanden.
Ausgrabungen und Höhlenmalereien zeugen von engen Beziehungen zwischen Mensch und Tier auch in Form von gemalten und geformten Mischwesen.
Die Menschen der Eiszeit fürchteten und bewunderten die Wildtiere, maßen ihnen mythische Kräfte bei, opferten ihnen und bezogen sie als Symbole in ihre religiösen Rituale ein.
Lüning spannte einen weiten Bogen von der Frühgeschichte bis heute und zeigte, dass es viel mehr in dem Thema zu entdecken gäbe, als er auch nur andeuten konnte.
Es war ein sehr hörenswerter Beitrag, den sich auch viele jüngere Menschen hätten anhören sollen, auch um sich bewusst zu werden, dass Milch nicht nur aus dem Tetra Pack kommt.
 
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