Text von Samstag, 20. November 2004
KiTa-Fachtag: Wie kommt die Welt in den Kopf? | ||
Marburg * (sts)
"In der frühen Kindheit wird das Fundament für die spätere kognitive und rationale Bildungsfähigkeit gelegt. Die Unterstützung dieses kindlichen Selbstbildungsprozesses ist Aufgabe der Kindertagesstätten", meinte Diplom-Pädagoge Holger Dehnert vom Institut für frühkindliche Bildung in Köln. Dehnert war am Freitag (19. November) in der Evangelischen Studentengemeinde einer der Referenten des 6. Fachtags der evangelischen Kindertagesstätten im Großraum Marburg. Unter dem Motto "Wie kommt die Welt in den Kopf?" sprachen auch Christa Winger vom Diakonischen Werk Kurhessen-Waldeck, Gudrun Kauptsch vom Gesamtverband der evangelischen Kindertagesstätten Marburg und Diakoniepfarrer Maik Dietrich-Gibhardt. Zum Fachtag waren 135 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von 38 evangelischen Einrichtungen zur Kinderbetreuung aus der Region Marburg erschienen. "Bildung darf nicht wie durch einen Nürnberger Trichter in die Kinder hineingestopft werden. Vielmehr müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Kindern Entfaltungsmöglichkeiten eröffnen und sie zum selbstständigen Forschen anregen", definierte Dehnert seine Bildungsvorstellung. Hierfür seien fünf Faktoren maßgeblich. Das Kind müsse sich sicher und geborgen fühlen. Unter Druck oder Angst sei Lernen nicht möglich. Die Umgebung sei interessant und abwechslungsreich zu gestalten, der Zeitrahmen so zu wählen, dass Dinge zu Ende geführt werden könnten. Die Selbsttätigkeit des Kindes müsse von den Erwachsenen begleitet und beobachtet, nicht aber gesteuert werden. Das Handeln der Kinder untereinander müsse unbedingt gefördert werden. "Entscheidend ist aber vor allem, welche Erfahrungswelten den Kindern präsentiert werden. Da kann auch einmal ein klassisches Konzert besucht werden, oder ein Bäcker erklärt den Kindern wie Brot gebacken wird", konkretisierte Dehnert die praktische Umsetzung. In Hessen seien genau diese Rahmenbedingungen äußerst schwer zu realisieren, kritisierte Christa Winger die Politik der hessischen Landesregierung. Der vom "Pisa-Schock" in Gang gesetzte Prozess der Selbstüberprüfung sei in den Kindertagesstätten aber in "guter Bewegung". Auch in der Aus- und Fortbildung würde verstärkt das selbsttätige Kind in den Mittelpunkt rücken. Inwieweit das am 1. Januar in kraft tretende Kinderbetreuungs-Ausbaugesetz die Situation verbessert, bleibe abzuwarten. Wie viel Geld in die einzelnen Einrichtungen fließen und wofür dieses Geld dann verwendet wird, könne derzeit noch nicht abgesehen werden. Einig waren sich die Referenten, dass in Deutschland nach wie vor zu wenig für die frühkindliche Bildung getan wird, obwohl hinlänglich bekannt sei, dass "sich jeder investierte Euro später gesamtwirtschaftlich rechnet", wie Dehnert es formulierte. Zumindest werde das Thema jetzt aber in Angriff genommen. | ||
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