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Text von Dienstag, 26. Oktober 2004

> b i l d u n g<
  
 bgcolor="#C3C3C3">Klotz statt Kleidung: Ausstellung zu Canela-Kultur 
 Marburg * (fjh)
"Traditionell kennen die Canela-Indianer als Bekleidung nur Kopfschmuck, Armbänder und Gürtel. Alle anderen Kleidungsstücke verdankt das brasilianische Volk allein seinem Kontakt zur sogenannten Zivilisation", erläutert Dr. Schweitzer-de Palacios. Die Ethnologin ist Kuratorin einer Ausstellung über die Canela-Indianer im Kugelhaus. Untr dem Titel "Auf die Schulter genommen - die Canela-Inianer und die Last der Welt" wurde sie dort am Freitag (8. Oktober) eröffnet.
In nur noch zwei Canela-Dörfern leben heute etwa 1.800 Menschen. Betrieben ihre Vorfahren noch Jagd und einen rudimentären Ackerbau, so leben die heutigen Canela weitgehend von der Landwirtschaft.
Ihre Dörfer legen die Canela-Indianer in Rundform an. Dieser Form folgt auch die Marburger Ausstellugn. Acht Vitrinen gruppieren sich rund um ein Modell eines derartigen Indianerdorfes herum. Zu sehen sind in den Glaskästen Alltagsgegenstände aus dem Haushalt oder zur Erledigung der Jagd.
Gesammelt hat diese Exponate der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Dieckert. Er hat den Nordwesten Brasiliens mehrmals bereist, um die sogenannten "Klotzläufe" der Canela-Indianer zu erforschen.
Nach der Feldarbeit rennen die jungen Männer zum Dorf zurück. Einer schultert dabei einen schweren Holzklotz. Wärend des Laufes wechselt der Klotz mehrmals den Träger. Neben diesen alltäglichen Läufen büer kurze Distanzen veranstalten die Canela-Indianer bei größeren Festen auch längere Klotzläufe von bis zu 40 Kilometern Entfernung.
Mit Muscheln und Perlen bunt bestickte Gürtel schmücken besonders schnelle Läufer. Ein Kopfschmuck verwandelt sie in unterschiedliche Tiere, deren Eigenschaften nach traditionellem Verständnis damit auf den jeweiligen Träger übergehen.
War das Volk der Canela schon ein Schmelztiegel verschiedener älterer Völkerschaften, so droht auch ihm heute ein kulturelles Ausbluten. Die langen Läufe können die Indianer wegen mangelnder Freizeit inzwischen kaum mehr durchführen. Auch Initiationsriten und traditionelle Feste verlieren zunehmend an Bedeutung. Umso wichtiger ist eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme dieser kulturellen Überlieferung.
Aufwendige Masken für rituelle Feste hat Dieckert ebenso aus Brasilien mitgebracht wie hölzernes Kinderspielzeug oder Trinkgefäße aus Eierschalen. Die Canela-Kultur kennt nämlich keine Keramik.
Dafür hat sie eine hochentwickelte Gesangskultur ausgebildet. Stimmbildung und Gesangstraining gehören bereits zur Kindererziehung. Höchstes Ansehen genießen herausragende Sängerinnen und Sänger.
Einblicke in die Kultur der Canela vermittelt die Ausstellung des Fachbereichs Völkerkunde der Philipps-Universität im Kugelhaus. Sie ist montags bis donnerstags zwischen 9 und 2 Uhr sowie jeden Donnerstagnachmittag von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Gruppen können auch Besuchstermine am Wochenende vereinbaren.
 
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