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Text von Montag, 14. Juni 2004

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 Dopamin: Hoffnung für Parkinson-Patienten 
 Marburg * (fjh/pm)
Erst seit wenigen Jahren weiß man, dass in bestimmten Gebieten des erwachsenen Gehirns ständig neue Nervenzellen gebildet werden, um alte zu ersetzen. Auf diese Weise scheint sich das Gehirn bis ins hohe Alter eine gewisse Plastizität zu erhalten.
Die Arbeitsgruppe von Dr. Günter U. Höglinger und Prof. Dr. Wolfgang H. Oertel an der Klinik für Neurologie der Philipps-Universität hat nun in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Dr. Etienne Hirsch am Institut National de la Santé et de la Recherche M‚dicale (INSERM) in Paris herausgefunden, dass der Botenstoff "Dopamin" eine wesentliche Rolle bei der Teilung von Stammzellen im Gehirn spielt. Die Ergebnisse ihrer Studien sind am Sonntag (13. Juni) , als Advance Online Publication auf der Homepage der Fachzeitschrift "Nature Neuroscience" erschienen . Diese Erkenntnis ist vor allem für Parkinson-Patienten von Bedeutung.
Bei erwachsenen Säugetieren einschließlich des Menschen liegt in der sogenannten "Subventrikulären Zone" (SVZ) im Zwischenhirn ein großes Reservoir an Stammzellen. Diese Zellen haben auch beim Menschen das Potential, neue Nervenzellen zu bilden.
Höglinger und seine Mitarbeiter konnten nun zeigen, dass die sogenannten "C-Zellen" in der SVZ Rezeptoren als Andockstellen für Dopamin besitzen und von Dopamin-Fasern kontaktiert werden.
C-Zellen sind Vorläufer von Nervenzellen. Ihre Aufgabe ist, sich häufig zu teilen, um so für Nachschub an frischen Zellen zu sorgen.
Wurden die Dopamin-Fasern bei Mäusen experimentell geschädigt, bildeten sich weniger neue Nervenzellen. Dieses Defizit konnte ausgeglichen werden, wenn den Tieren bestimmte Dopamin-artige Medikamente gegeben wurden.
Der selbe Zusammenhang zwischen Dopamin und Zellbildung wurde von den Marburger Autoren nun auch im "Hippocampus" nachgewiesen. Diese Hirnregion ist wesentlich an Gedächtnisfunktionen beteiligt.
Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass auch hier Stammzellen von Dopamin-Fasern kontaktiert werden und dass sich Stammzellen im Gehirn von Parkinson-Patienten seltener vermehren. Dies gilt sowohl für die SVZ als auch für den Hippocampus.
Häufig kommt es bei der Parkinson-Krankheit neben motorischen Symptomen wie dem charakteristischen Zittern auch zu nicht-motorischen Symptomen, die Ersteren um Jahre vorausgehen können. Dazu gehören die Verschlechterung des Geruchssinns und die Verringerung von Gedächtnisleistungen.
Störungen von Gedächtnis und Geruchssinn lassen sich bei Parkinson möglicherweise ebenfalls durch die verminderte Stammzellteilung erklären: Bleibt der Nachschub an neuen Zellen aus, scheint die Funktionalität des Hippocampus und des Riechhirns zu leiden. Die Forscher gehen nun davon aus, dass die frühe Erkennung und Behandlung der Parkinson-Krankheit dem langfristigen Mangel an neuen Zellen vorbeugen kann.
Weiterhin legen Höglinger und Oertel zum ersten Mal Untersuchungen beim Menschen vor, die vermuten lassen, dass die Produktion von neuen Nervenzellen im Gehirn durch - seit langem bekannte - Botenstoffe wie Dopamin stimuliert werden kann. Die Wirkung solcher Botenstoffe lässt sich mittlerweile relativ leicht mit Medikamenten beeinflussen. Viele Stammzellforscher hoffen daher, eines Tages dem Nervenzellverlust bei Gehirnerkrankungen wie Parkinson, Alzheimer oder Huntington begegnen zu können.
Die Parkinson-Krankheit ist eine der häufigsten Erkrankungen des Nervensystems. In Deutschland sind davon zwischen 200.000 und 250.000 Menschen betroffen. Zu ihren Symptomen gehören Bewegungsverlangsamung, Muskelsteifheit und ein charakteristisches Zittern. Ursache der Symptome ist, dass - aus noch ungeklärtem Grund - Dopamin-produzierende Nervenzellen absterben.
 
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