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Text von Samstag, 18. Dezember 2004

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 Streit um Liste: Intermezoo des Ältestenrats 
 Marburg * (sts)
Der größte Brocken - die Haushaltsdebatte - war aus dem Weg geräumt. Oberbürgermeister Dietrich Möller (CDU) hatte schon für vorweihnachtliche Atmosphäre gesorgt: "In meinem Horoskop stand heute, dass ich den Abend in einer frohen Adventsstimmung mit guten Freunden verbringe. Später soll es dann noch eine schöne Überraschung geben". Die "guten Freunde" im Stadtparlament bescherten ihm diese Überraschung dann auch am Freitag (17. Dezember) mit der Verabschiedung des Haushaltes 2005.
Über vier Stunden hatte sich das Gremium mit dem rund 900 Seiten starken Zahlenwerk beschäftigt. Alle Fraktionen hatten ihre Redezeit bis zur letzten Minute erschöpft. Als die Fraktion der PDS/Marburger Linken auch noch auf die Aussprache zum Wirtschaftsplan der Stiftung St. Jakob und zum Stadtpass verzichtete, schien alles auf einen harmonischen Ausklang der Sitzunghinzudeuten.
Doch urplötzlich war auf Geschäftsordnungsantrag der FDP, BfM und MBL der Ältestenrat einberufen worden. In den Reihen der Zuschauer und Nicht-Abgeordneten herrschte Ratlosigkeit. Was war geschehen?
Stadtverordneter Henning Köster (PDS) hatte aus dem Ausschuss zur Wahl eines Forensik-Beirates für das Zentrum für Soziale Psychiatrie Mittlere Lahn (ZSP) in Marburg berichtet. Der Wahl verschiedener Vertreterinnen und Vertreter von Stadtverordnetenversammlung, Kirche, Polizei, Presse und Wirtschaft hatten alle Fraktionen einstimmig zugestimmt. Doch als Köster die Namen der Kandidaten aus den Reihen der Marburger Bürgerinnen und Bürger vortrug, entbrannte plötzlich der Streit.
In der Wahlausschuss-Sitzung im Vorfeld der Parlamentssitzung hatten sich SPD und Grüne bereiterklärt, eine Kandidatin auf Vorschlag der kleinen Fraktionen in die Liste aufzunehmen. In der anschließenden Fraktionssitzung der Magistratskoalition fand dieser Kompromiss allerdings keine Mehrheit mehr. Dementsprechend wurde die Kandidatin dann auch nur als Stellvertreterin vorgeschlagen.
Die kleinen Fraktionen fühlten sich nun um die Zusage betrogen. Absprachen einzuhalten sei "eine Frage des guten Stils", wie Ingo Lohse (CDU) sagte. Dies sei ein "völlig normaler Vorgang", entgegnete Bürgermeister Egon Vaupel (SPD). Nicht jeder Kompromiss finde in den Fraktionen eine Mehrheit.
"Wir sind eben eine dynamische Körperschaft", nahm Stadtverordnetenvorsteher Heinrich Löwer (SPD) das Ende der harmonischen Atmosphäre mit Humor. Die Einberufung des Ältestenrates hatte letztlich keine Auswirkungen mehr auf die Kandidatenliste. In geheimer Wahl erhielt die Liste - in der von Köster vorgetragenen Form - die Mehrheit.
Doch nach diesem hitzigen Intermezzo schienen dann auch die Streitlustigsten im Repräsentantenhaus endgültig erschöpft. Alle restlichen Abstimmungen verliefen einmütig einstimmig. Auch Möller durfte damit weiter von der Richtigkeit seines Horoskops überzeugt bleiben.
 
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