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Text von Mittwoch, 14. July 2004

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 Candlelight: Eine etwas andere Radiosendung 
 Marburg * (tal)
Gegen den Kommerz und doch sehr beliebt ist die Radiosendung "Candlelight". Sie wird am Mittwoch (21. Juli) das nächste Mal ausgestrahlt. Jens Bertrams (34) hat im Juli 2003 die zweistündige Sendung bei "Radio Unerhört" ins Leben gerufen. Seither wird sie jeden ersten und dritten Mittwoch des Monats gesendet. Sie soll an das im den 70er und 80er Jahren im niederländischen Radiosender "Veronika" ausgestrahlte gleichnamige Programm erinnern. Im holländischen "Candlelight" wurde in der Zeit von 22.00 bis 0.00 Uhr ruhige, nicht-kommerzielle Musik gespielt. Die Hörerinnen und Hörer hatten die Möglichkeit, während der Sendung anzurufen. Sie plauderten über Themen, die sie beschäftigten oder lasen eigene Gedichte vor. Anfang der 70er Jahre wurde der Piratensender geschlossen, so dass "Candlelight" nunmehr im niederländischen öffentlich-rechtlichen Programm zu hören war. Ende 1999 wurde sie auch dort letztmals ausgestrahlt. Die Nostalgie war es, die Bertrams gepackt hat. Er wollte eine ebenso ruhig geführte Sendung auf die Beine stellen. Darin sollten die Hörer länger als 90 Sekunden zu Wort kommen. Sie sollten ebenfalls die Möglichkeit bekommen, Gedichte vorzulesen und über Themen zu plaudern. Das Musikprogramm entspricht dem von vor 20 und 30 Jahren. Für die Sendung am 21. Juli hat sich Bertrams etwas ganz Besonderes vorgenommen. Er wird dem Jahr 1983 seine Aufmerksamkeit widmen. Auch wenn er in diesem Jahr erst 13 Jahre alt war, hat er es als ein Jahr des Aufbruchs empfunden. Es war der Höhepunkt der "Friedensbewegungen" gegen den sogenannten "NATO-Doppelbeschluss". 1983 war der Auftakt zur Volkszählung und Helmut Kohl hatte das erstes Jahr seiner 16-jährigen Kanzlerschaft begonnen. Bertrams will in dieser Sendung Erinnerungen wecken und sie mit entsprechender Musik untermauern. Es sollen jedoch keine Klassiker aus der damals aufbrandenden "Neue Deutsche Welle" -Zeit gespielt werden, sondern von eher unbekannten Bands, die Songs zu den Themen dieser Zeit gesungen haben. Moderator Bertrams kommt in dieser Sendung einer seiner vielen Interessen nach - der Politik. Er beschäftigt sich seit seinem neunten Lebensjahr mit dieser Materie. Das erste bewusst wahrgenommene Ereignis war die Entführung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hans-Martin Schleier und dem damit verbundenen Terror der Roten Armee Fraktion. Die Zeiten haben sich gewandelt. Und deshalb greift Bertrams auch in dieser Sendung ein höchst aktuelles Thema auf: Hartz IV. Er schlägt in den Bogen zwischen Nostalgischem und dem Aktuellem. Ausgeschmückt wird das Programm mit den Erinnerungen und Anekdoten von Franz-Josef Hanke. Der freie Journalist wird Bertrams Studiogast sein und von vor 21 Jahren erzählen.
Das Thema "Hartz IV" betrifft wahrscheinlich viele der Hörerinnen und Hörer. Denn am 19. Juli wird ein gut 100 Fragen umfassender Fragebogen von der Bundesagentur für Arbeit an diejenigen versandt, die bald ein Jahr und länger arbeitslos gemeldet sind. Aufgrund des immer stärker zunehmenden Sozialabbaus ist Bertrams vor einigen Tagen aus der SPD ausgetreten.
Der Moderator erklärt, die Sendung habe, so wie sie jetzt ausgestrahlt wird, nicht mehr allzu viel mit dem Original zu tun. Es werden auch schon mal Themenschwerpunkte vorgegeben. So beispielsweise im August 2003. Da hieß das Thema "Mond" und fand großen Zuspruch in vielerlei Hinsicht. Gerade die nicht-politischen Themen bereiten Bertrams Schwierigkeiten. Die Verantwortlichen bei "Radio unerhört" meinen Radio müsse weh tun. Dagegen konterte Bertrams auf der Jubiläumsfeier zum zehnjährigen Bestehen des Senders mit dem Zitat von Rosa Luxemburg: " Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden". Der Politik- und Jurastudent will in einer seiner weiteren Sendungen als Studiogast eine blinde Frau begrüßen, die als Studentin mehrere Semester in Portugal und Brasilien verbracht hat. Sein größter Traum ist es, ein eigenes Programm zu haben, in dem er freie politische Gestaltungsmöglichkeiten hat. Sein Ziel ist es, die Zuhörer zu informieren und nicht durch Einheitsbrei zu verblöden, so Bertrams.
 
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