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Text von Sonntag, 28. November 2004

> k u l t u r<
 
 

 Der Parasit: Lügen und Intrigen sind zeitlos 
 Marburg * (lyg)
Stücke von Johann Wolfgang von Goethe, Gotthold Ephraim Lessing oder Bertolt Brecht finden immer wieder Präsenz auf den deutschen Theaterbühnen. Der Reiz ist dabei sicherlich die Aufgabe, die Werke in neuzeitlicher Form umzusetzen. Seit der Premiere am Samstag (27. November) wird auch vom Hessischen Landestheater wieder ein "alter Schinken" aufgeführt. "Der Parasit - oder die Kunst, sein Glück zu machen" heißt das Stück von Friedrich Schiller. Die Inszenierung des Lustspiels nach Louis-Benoit Picard ist im Theater am Schwanhof zu sehen.
Der "Parasit" alias Selicour war einstmals ein recht einfacher Mann vom Lande. Mittels Lügen und Intrigen hat er sich den Weg in das gehobene Bürgertum verschafft. Dabei ist er durchaus nicht verlegen, sich die Arbeit und die Künste anderer zu eigen zu machen.
Wozu soll man sich selbst bemühen, wenn man doch mit den Mühen anderer gefeiert werden kann? Nach dieser Devise erschleicht Selicour sich auch das Wohlwollen des Ministers Narbonne. Der hat noch nicht allzu lange den Posten des Ministers inne und braucht noch einen geeigneten Mann als Gesandtschafter. Madame Belmont, die Mutter des Ministers, soll Selicour zu diesem Rang verhelfen.
Aber da ist noch La Roche, der das Opfer von Selicours Intrigen wird. La Roche verliert seine Stelle, da Selicour diese einem anderen übergibt. Das geschieht natürlich nicht ohne eigennützige Hintergedanken.
Dem Schicksal ausgeliefert, entschließt sich La Roche, den Lügenbaron zu entlarven. Er tut dies aber nicht, um selbst die Stelle des Gesandtschafters zu übernehmen, sondern sieht den Subalternen des Ministers dafür vor. Firmin ist ein kluger, ehrenwerter und äußerst bescheidener Mann. Letztlich lässt aber auch er sich von Selicour um den Finger wickeln und übergibt diesem seine Memoiren über die Lage der Staatsführung. Selicour benötigt die Schriften, um die angesehene Stelle zu erhalten.
Firmins Sohn Karl steht in ganz anderer Differenz zu Selicour. Er hat sich in Charlotte,, die Tochter des Ministers verliebt. Madame Belmont sieht allerdings eine Hochzeit zwischen Charlotte und Selicour vor. So verfolgt jeder seine Ziele, und die Korruption nimmt ihren Lauf.
Die Inszenierung von Manfred Gorr ist absolut empfehlenswert. Der Inhalt des Werkes hat zeitlosen Charakter. Es gibt Lügen und Intrigen, einen "Bösen", der sich die Mühen der "Guten" zunutze macht und damit haushoch abräumt. Dann kommt der "Held" daher und bringt die hinters Licht geführten zur Erkenntnis.
Diese Aspekte finden in der Inszenierung auch eine bildlische Umsetzung, indem Licht angeht, wenn ein Akteur sagt, er stehe im Dunkeln oder auch umgekehrt. Die Besetzung ist sehr treffend und auch die schauspielerische Leistung lässt nichts zu wünschen übrig. Jochen Nötzelmann spielt den Selicour herrlich korrupt. Stefan Gille alias La Roche zeigt sich heldenhaft. David Gerlach alias Firmin bleibt seiner Rolle getreu sehr zurückhaltend. Der kleine Karl Firmin wird von Matthias Steiger mit jugendlichem Übermut gespielt. Er lässt sich von Barbara Kramer in der Rolle der jungen Charlotte schöne Augen machen. Jürgen Helmut Keuchel als Minister erinnert entfernt an Michael Gorbatschow. Christine Reinhardt verkörpert als Madame Belmont hochnäsige Eleganz.
Eine inhaltlich unbedeutendere Rolle, die aber dennoch große Aufmerksamkeit auf sich zog, ist die von Michel, dem Kammerdiener des Ministers. Der Schauspieler Thomas Streibig taucht zu jedem neuen Aufzug in einem neuen Aufzug auf. Er erscheint mal als Hausmeister, mal als Putzfrau oder auch als Karl-Lagerfeld-Verschnitt.
Alles in allem bereitete die Schiller-Inszenierung viel Freude für die Zuschauer. Es fehlt weder an Komik noch an Talent, um das Stück unterhaltsam zu gestalten. So bedankte sich letztendlich auch das Publikum bei den Darstellern mit einem kräftigen und langanhaltenden Applaus.
 
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