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Text von Montag, 25. März 2002


Empört: Volkstümliches Theater auf vornehmer Bühne

Marburg * (FJH)
Hört, hört!" Nach der Reihe "Gerichtsprozesse" des Hessischen Landestheaters im Marburger Arbeitsgericht gibt es nun eine neue Theaterinszenierung an Originalschauplätzen. Am Freitag (22. März) fand die erste Aufführung im Berliner Bundesrat statt. Wie bei den Gerichtsprozessen traten auch hier Schauspieler auf, die an diesem Schauplatz sonst ihren ernsten Geschäften nachgehen.
Ganz klar war allerdings nicht, welches Stück da vor laufenden Fernsehkameras gegeben wurde: War es Hamlet, Othello oder Macbeth - jedenfalls sollte die moderne Inszenierung frei nach William Shakespeare das höfische Intrigenspiel auf die Bühne bringen. Es ging um Macht und das Austricksen machtgieriger Konkurrenten.
Reichlich überzogen mimte Roland Koch den Rächer, der mit der Faust auf den Tisch haut. Manfred Stolpe gab dem Macbeth nicht ganz so viel Ausdruckskraft wie Klaus Wowerreit dem Friedensrichter Adam. Den zerbrochenen Krug symbolisierte während seines Auftritts eine Einspielung der Brandenburgischen Konzerte von Johann Sebastian Bach. Seltsam disharmonisch brachten die Berliner Symphoniker utner Leitung von Matthias Platzek die barocke Musik zu Gehör.
Nicht minder kläglich wirkte Jörg Schönbohm als Duncan. Gründlich missverstanden haben muss Peter Müller seine Rolle als Othello, verriet er doch dem geneigten Publikum nach Ende der Aufführung, dass alles nur ein Spiel gewesen war.
Allein Angela Merkel brillierte als Lady Macbeth, hielt sie sich doch bis kurz vor Ende dezent im Hintergrunsd. Auch Gerhard Schröder zog es vor, sich mit einer kleinen Nebenrolle zu begnügen.
Insgesamt bestach die Inszenierung von Edmund Stoiber durch Lebhaftigkeit und Rückgriffe auf das "Invisible Theater". Man merkte es gar nicht, doch man ist schon mittendrin in der Aufführung.
Allein diese moderne Form wollte nicht so recht zum Münchener Komögienstadel und seinem derben Personal passen. Das konnte auch der elegante Wowereit nicht wettmachen.
Wenn wir aber eines noch nicht gewusst haben sollten, dann ist es spätestens jetzt klar: Die aus Funk und Fernsehen bekannten Darsteller spielen Demokratie im Volkstheater für das gemeine Publikum. Leider gerät das aber allzu häufig zum Trauerspiel.


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