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Text von Montag, 25. November 2002


Leidenschaftlich: Zwischen Jacques Brel und Lou Reed

Marburg * (spi)
Wann kommt schon mal ein Weltstar nach Marburg? Nach Abdullah Ibrahim gab sich auch die Chansoniere Romy Haag die Ehre. Am Sonntag (24. November) trat die "fast seriöse Diseuse" unter dem Titel "Brennendes Herz" im Kulturladen Kfz auf. Mit viel Charme und Ironie begeisterte sie ein altersmäßig durchmischtes Publikum.
Mit den Musikern Harald von Abstein (Piano) und Michael Gechter (Gitarre und Violine) bot Haag einen musikalischen Streifzug durch ihr bewegtes Leben. Silvester 1951 in Scheveningen bei Den Haag als Eduard Frans geboren, war sie sich schon als Zwölfjähriger sicher, eine Frau zu sein.
Bereits mit 13 Jahren verließ sie ihr konservatives Elternhaus und ging nach Hamburg, wo sie auf der Reeperbahn in Stripshows auftrat. Die nächsten Stationen waren Paris und New York. Die Liebe zu einem Berliner führte sie schließlich in dessen Heimatstadt. Dort eröffnete sie ihr eigenes Cabaret "Chez Romy Haag", das sie neun Jahre lang führte.
David Bowie, mit dem sie eine Liebesbeziehung verband, zog wegen ihr nach Berlin. Mit Udo Lindenberg ging sie auf Tournee.
Dass sie die magische "50" überschritten hat, sieht man Romy Haag kaum an. Die inzwischen leicht rundliche Figur hat sie in der Pause in ein gewagtes Korsett geschnürt. Romy Haag ist sich der Überzogenheit dieser Kostümierung bewusst. Jedem, der einen Einwand geltend machen könnte, widerspricht sie mit Selbstsicherheit und Ironie. Lachen ist erlaubt, sogar erwünscht.
Ihren Liedern, die immer wieder vom großen Thema Liebe erzählen, verleiht sie mit ihrer berühmt rauchigen Stimme eine kokette Verruchtheit. Ihr im Kfz präsentiertes Repertoire reichte von eigenen Kompositionen, Jaques Brels "Amsterdam" über Rainer-Werner Fassbinders "Karneval" bis zu Lou Reeds Klassiker "Walk on the wild side". Nur ihre Brecht- Interpretationen, für die sie in New York mit dem bedeutenden "Jackie O. Music Award" ausgezeichnet wurde, fehlten an diesem Abend.
Immer wieder behandelte sie die Themen Sex & Liebe. Zum Abschied wünschte sie dem Publikum "Eine schlaflose Nacht. Macht was draus."
Eine schlaflose Nacht wird man schon alleine ob des Glücks haben, diese grandiose Diseuse einmal live erlebt zu haben.


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