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Text von Sonntag, 24. November 2002


Komikerduell: Laurel und Hardy lassen grüßen

Marburg * (spi)
Willie und Al waren 43 Jahre lang ein erfolgreiches Kabarettduo. Heute sind beide im Rentneralter und hassen einander bis aufs Blut. Für das Fernsehen sollen sie aber noch einmal ihren bekanntesten Sketch aufführen. So treffen sie sich nach elf Jahren wieder.
Neil Simons Komödie "Sonny Boys" über die Tücken des Showgeschäfts feierte am Samstag (23. November) mit Fred Graeve als Willie und Peter Radestock in der Rolle des Al im Theater am Schwanhof Premiere.

[Sonny Boys]

In seiner zweistündigen Inszenierung hat der Schauspieler und Regisseur Manfred Gorr die meist komischen, zum Teil aber auch höchst tragischen Nuancen der beiden gealterten Komiker treffsicher herausgearbeitet. Die Stärke der Inszenierung liegt in ihrem Timing, das die Pointen erst richtig zum Leuchten bringt.
Hinzu kommt die stimmige Besetzung. Fred Graeve gibt den vergesslichen, mürrischen Willie, der den lieben langen Tag in seinem schäbigen Hotelzimmer verbringt, fernsieht und sich kaum vor die Tür traut. Jeden Mittwoch kommt sein Neffe Ben (Gabriel Spagna) vorbei, verpflegt ihn mit Nahrungsmitteln und versucht erfolglos, den Onkel am Broadway oder in Werbespots unterzubringen.
Das Schauspielerpaar Graeve und Spagna ergänzt sich in diesen Szenen glänzend. Spagna mimt den notorisch gestressten, vom New Yorker Alltag gehetzten Agenten, während Graeve, in seiner Welt verschwindend, alle geistigen Versehrtheiten des Alters demonstriert.
Ben arrangiert ein Treffen seines Onkels mit dem verhassten ehemaligen Partner. Al stellt das glatte Gegenteil Willies dar. Er erscheint gepflegt in Anzug und Krawatte, während er von Willie im Morgenmantel empfangen wird. Es dauert nicht lange und die alte Feindschaft bricht wieder ihre Bahn. Nichts desto trotz kommt es zum Aufnahmetermin beim Fernsehen, der in einem Desaster endet.
Die Komödie, von Bühnenbildner Axel Pfefferkorn in die New Yorker Skyline getaucht, verspricht zwei Stunden pures Vergnügen. Die ruhigen, tragischen Momente, die die Charaktere erst greifbar machen, werden zwar nicht gänzlich außer acht gelassen, drohen aber gelegentlich neben der überschäumenden Komik unterzugehen. Die Inszenierung zieht sich im Mittelteil zwar etwas hin, dies wird jedoch durch die überwiegend temporeiche Umsetzung leicht aufgefangen.
Dem Hessischen Landestheater ist mit der hervorragenden Besetzung unter der Führung Gorrs ein großer Wurf gelungen, der den Vergleich mit berühmten Vorbildern - zum Beispiel die Inszenierung mit Harald Juhnke - sicher nicht scheuen muss.


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