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Text von Samstag, 23. November 2002


Rüdiger Hoffmann: Verführung nicht notwendig

Marburg * (spi)
"Ich bin Seelenfänger von Beruf. . gib mir deine Hand, ich werd dich führen", singt Rüdiger Hoffmann und rollt dabei das "r" in ver-Führerischer Weise.
Im Rahmen des 4. Marburger Kabarettherbstes war Hoffmann am Freitag (22.November) in die Großsporthalle gekommen.
Dort fand er ein Publikum vor, das nur darauf gewartet hatte, in
der Dunkelheit des Zuschauerraums einmal unbeobachtet ablachen zu können. Hoffmanns bekanntes "Ja, hallo erst mal" kam ebenso vor wie das zum Abwinken wiederholte "Ich weiß gar nicht, ob Sie´s wussten". Von diesen zwei Sätzen wollte Hoffmann auch in seinem vierten Programm "Ekstase" nicht ablassen.
Und doch sollte dieser Zustand nicht verwundern, funktionieren beide Phrasen doch noch immer. Das Drumherum, der Füllstoff, hat sich über die Jahre zumindest oberflächlich verändert. Die Themengebiete sind dennoch weitgehend gleich geblieben.
Seit die sogenannten "Stand-up-Comedians" vor einigen Jahren in Deutschland Einzug hielten, ist es wieder Salonfähig geworden, Frauen- und Schwulenwitze zu reißen. Es ist ja auch nur Spaß! Oder?
Rüdiger Hoffmann hat aber weit mehr als nur niveaulose Blödeleien zu bieten. Seine Lieder, mit denen er das Programm auflockert, sind melodiös und pointiert. Warum er sich aber dennoch über lange Strecken mit höchst unlustigen Nummern durch das Programm mogelt, bei denen man oft nur ob ihrer Lächerlichkeit mitgeht und lacht,
bleibt schleierhaft.
Seine Eingangsnummer über Navigationssysteme ist einfalls- und abwechslungsreich. Die dann folgende Tortur mit der Handpuppe "Watscheck" hingegen ist nur noch peinlich.
Rüdiger Hoffmanns Programm hat einige Schmankerl zu bieten. Er scheint sich jedoch - im Gegensatz zu Michael Mittermeier etwa - noch nicht von den alten Standards lösen zu wollen, die ihn einst bekannt gemacht haben. So verhökert er lieber T-Shirts, Tassen und Stäbchen mit seinem Namen an ein alt bekanntes, auf Abruf lachendes Publikum.
Der Versuch eines Wandels würde die Gefahr beinhalten, das alte Publikum zu verprellen, ohne bereits ein neues Forum gesichert zu haben. Er wäre aber in jedem Fall zu begrüßen. In seinen Liedern zeigt Hoffmann, dass er das Potential dazu hat.


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