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Text von Mittwoch, 20. November 2002


FroschMich: Der Frosch im Manne

Marburg * (sts)
"Frosch mich - eine absurde Beziehungskomödie", das klang nach einem heiteren, unterhaltsamem, aber wenig tiefgründigem Theaterstück. Doch bei dem, was Gina Krüger und Achim Weimer unter diesem Titel am Dienstag (19. November) in der leider nur spärlich besuchten Waggonhalle aufführten, konnte einem das Lachen schnell im Halse stecken bleiben.
Das Stück schien zunächst auf eine moderne Fassung des Grimmschen "Froschkönig"-Märchen hinauszulaufen. Die junge, hübsche "Princie" bekommt von ihrem Vater eine goldene Kugel geschenkt und läßt diese versehentlich in einen Gully fallen. "Froggy", ein Mann aus der Unterwelt, findet sie und stellt für die Rückgabe die bekannten Bedingungen: Er will aus ihrem Becherchen trinken, von ihrem Tellerchen essen und selbstverständlich mit ihr in ihrem Bettchen schlafen.
Zum Schein geht "Princie" auf die Bedingungen ein. Sie erhält die Kugel zurück, läuft weg und glaubt den "Fickfrosch" losgeworden zu sein. Soweit die Märcheninhalte.
Doch der notgeile "Froggy", der völlig unter dem Pantoffel seiner Mutter steht, entledigt sich seines Frosch-Outfits, um "Princie" in einer Diskothek zu verführen. Tatsächlich gelingt sein Plan und die beiden werden ein Paar.
Doch kaum ist die erste Phase der Verliebtheit vorüber - von Krüger und Weimer wunderbar pantomimisch zu einer Off-Stimme dargestellt - zeigt "Froggy" wieder seinen fiesen "Fros-Chcharakter". Das bleibt so, bis "Princie“ ihn eines Tages gegen die Wand wirft und der Frosch sich wandelt.
"Frosch mich" ist viel mehr ein Stück über das Rollenverhalten von Mann und Frau in einer Beziehung als eine reine Beziehungskomödie. Der notgeile, betrunkene "Froggy", der "Princie" demütigt und erniedrigt, um seinen Mutterkomplex zu überwinden, würde als Figur den Rahmen einer Komödie sprengen. "Ja, ich will dich knechten, wie meine Mutter mich auch geknechtet hat", sagt "Froggy", während er "Princie" vergewaltigt. Die beiden Schauspieler boten eine solch intensive Darstellung der Charaktere, dass sich eine fast greifbare Beklommenheit im Publikum wahrnehmen ließ.
"Nach dem Verliebtsein kommt die Liebe. Und die Liebe ist hart, denn die Liebe ist Alltag", sagt "Princie". Bei dem Gedanken, das Dargestellte beschreibe den Alltag vieler Ehepaare, verflog der letzte heitere Zug in der Gemütslage des Betrachters. Um so bemerkenswerter war die Tatsache, dass es den beiden Schauspielern dennoch gelang, dieses Unbehagen in einem humorvollen Schluß wieder aufzulösen und das Ganze doch nicht zur Tragödie werden zu lassen.
"Frosch mich" ist also weit mehr als eine Beziehungskomödie im Märchenparodiekostüm. Gewürzt mit einem gehörigen Schuss Gesellschaftskritik wird es vielmehr zu einer Satire auf geschlechterspezifisches Rollenverhalten. Wer sich nach Weihnachten Sorgen um den schiefen Haussegen macht, der sollte am 28. Dezember in die Waggonhalle gehen, um sich das Stück noch einmal anzusehen und hoffentlich festzustellen: "So schlimm ist es bei uns Gott sei Dank nicht".


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