Wissenschaft


Fund im Flussbett: Historischer Fachwerk-Brückenpfeiler


30.08.2001 * (
FJH)
Bis zum Jahr 2003 soll die Weidenhäuser Brücke saniert werden. Bei den Arbeiten fanden die Bauleute am Donnerstag (30. August) Reste der 1891 durch das heutige Bauwerk ersetzten Vorgängerbrücke aus dem 16. Jahrhundert. Zwischen 1552 und 1555 war die war die alte Weidenhäuser Brücke an derselben Stelle errichtet worden, wo ihre Nachfolgerin heute noch den Verkehr über die Lahn trägt.
In dem - für die Bauarbeiten trocken gelegten - Flussbett kam ein mächtiger Holzrost zum Vorschein, dessen Innenräume mit Steinen ausgekleidet sind. 30 mal 30 Zentimeter dicke Eichenbalken mit Steinausfachung bildeten einst das Fundament auf der Weidenhäuser Brückenseite.
Bei einem Ortstermin begutachteten Bürgermeister Egon Vaupel als zuständiger baudezernent der Stadt Marburg und Bauamtsleiter Jürgen Rausch am donnerstag den Fund. Das in Marburg anssässige Freie Institut für Bauforschung und Dokumentation (IBD) soll den alten Pfeiler nun untersuchen. Auch wollen die Baufachleute klären, warum ein Brückenpfeiler im Jahr 1763 eingestürzt ist.
Mit Verzögerungen beim Fortgang der Sanierungsarbeiten, bei denen die steinernen Brückenpfeiler einen schützenden Betonüberzug erhalten, rechnet Vaupel nicht. Für die - zum Schutz vor den Einflüssen des Wassers notwendigen - Arbeiten sind Kosten von 3 Millionen DM veranschlagt. Die nun in Auftrag gegebene Dokumentation des neuen Fundes könnte diese Summe geringfügig erhöhen.


PID, Embryonen- und Stammzellforschung: Fluch oder Segen?


28.08.2001 * (
nmn)
Sind die modernen Möglichkeiten von Gentechnik und Medizin ein Fluch oder ein Segen? Diese Frage diskutierte der HU-Ortsverband Marburg am Dienstag (28. August) im Bistro "Rendezvous". Anläßlich der aktuellen Debatten um den "richtigen" Umgang mit Gentechnik, Präimplantationsdiagnostik (PID) und der Forschung an menschlichen Embryonen tauschten Mitglieder und Freunde der Humanistischen Union (HU) ihre Positionen unter dem Motto "Freiheit für die Forscher versus Freiheitsrechte" aus.
Ist alles, was Forschung tut und tun kann, ethisch verantwortbar? Die Mehrheit der Teilnehmer meinte "ja" - solange die Werte der Verfassung nicht außer acht gelassen werden.
HU-Ortsvorsitzender Franz-Joseph Hanke sieht deutlich die Risiken einer allzu grenzenlos betriebenen Forschung. Ist vermeintlicher Nutzen tatsächlich immer nützlich? "Erblich bedingte Behinderungen könnten mittels PID vermieden werden", ist beispielsweise derzeit in allen Medien zu hören. Wird damit nicht aber eine "perfekte Gesellschaft frei von Behinderungen und Behinderten" propagiert? Behinderte werden damit nicht nur zu Außenseitern degradiert, selbst ihre Eltern bekommen mitunter Vorwürfe zu hören, warum ihr behindertes Kind überhaupt zur Welt gekommen ist.
Priorität müsse bei der modernen Reproduktions- und Biomedizin immer Hilfe und Heilung haben, stellten die Anwesenden einhellig fest. Wirtschaftlicher Nutzen sei dann vertretbar und wünschenswert, wenn er zur Verbesserung der Lebensbedingungen kranker und behinderter oder ihrer Angehöriger beitrage. Einige meinten auch, man müsse Behinderungen vermeiden, wo immer dies möglich sei. Weniger schwerwiegend als ein solch Schwangerschaftsabbruch sei die Entscheidung für oder gegen ein krankes Kind mittels PID, meinte ein Anwesender. Er gab zu bedenken: "Was ist, wenn das behinderte Kind der Mutter eines Tages vorwirft: Warum lebe ich überhaupt. Du hättest das verhindern können." Vermutlich leben auf der Welt eine Menge nichtbehinderte Kinder, die unglücklicher sind als manch ein behindertes - und die sich ihre Lebenslust dennoch bewahren. Auch sie hätte man alle "rechtzeitig verhindern" können.
"Das Recht des Kindes auf ein gesundes Leben" solle bei der elterlichen Entscheidung für oder gegen ein krankes Kind immer berücksichtigt werden , stimmte der Philosoph Dr. Joachim Kahl zu. Natürlich wünschen sich Kranke, gesund zu sein, und Gesunde, gesund zu bleiben. Doch das "Heilsversprechen" der Gentechnik sei sehr mit Vorsicht zu genießen. Die Forschung stecke noch in den Anfängen, und niemals könnten alle Krankheiten geheilt oder gar ein "Unsterblichkeits-Gen" entdeckt werden, gaben der Vorsitzende und der Psychologe Prof. Hans Schauer zu bedenken. Im Gegenteil: erst eine einzige Krankheit konnte wegen Erkenntnissen der Gentechnik geheilt werden : Die bisher tödlich verlaufende Mukuviszidose.
Doch selbst, wenn Forschung und Wissenschaft so weit kämen, alle möglichen Krankheiten in den Griff zu bekommen: Ist eine Gesellschaft ohne jede Art von Krankheit und Behinderung wirklich erwünscht? Wollen wir morgen nur noch die Schönsten, Stärksten und Gesundesten unter uns dulden? Läßt sich das - fragwürdige - Recht auf Gesundheit nicht beliebig erweitern, zum Beispiel auf ein Recht auf höchste Intelligenz oder faszinierende Schönheit? Kann und wird nicht auch die vielzitierte Verfassung "je nach Belieben" ausgedehnt werden? Müßten sich, wenn sie eindeutig wäre, Politiker, Abgeordnetengremien, Fachleute oder Laien den Kopf darüber zerbrechen, was denn unter der "Würde des Menschen" zu verstehen sei.
Auch wenn man wollte, könnte man der Forschung keine Grenzen setzen, meinte der stellvertretende HU-Ortsvorsitzende, Dragan Pavlovic. Fortschritt sei unaufhaltbar.
Doch was genau ist eigentlich "Fortschritt"? Einige mögen das "Klonen" von Tieren und Menschen vielleicht als Fortschritt bezeichnen. Die Marburger Humanisten tun es nicht. Schauer erklärte, daß von 120 Klon-Versuchen nur einer gelingt, daß "Dolly" unzählige "kranke Tiere" vorausgegangen sind und folgen.
Das "theoretische Gerüst" für die Diskussion bot mit seinem Referat Hans Rink. Unter anderem kam er kurz auf das Thema von Mißbrauch der Forschung zu sprechen. Beispielsweise drohen derzeit amerikanische Wissenschaftler, auf die hohe See auszuweichen, da ihre Forschungen auf dem Festland verboten sind. Macht- und Kommerzsucht spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle im Zusammenhang mit Gen- und Stammzellforschung.
Wichtig sei, so betont Hanke, daß - wenn auch nicht durch den Staat - so doch durch die Gesellschaft - Wissenschaft und Forschung kontrolliert werden müßten. Die Zivilgesellschaft müsse die aktuellen Entwicklungen verfolgen, darüber reden, diskutieren, gegebenenfalls "Halt" rufen. Denn: wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter.


Wegzehrung: Mit der "Kräuterhexe" unterwegs


19.08.2001 * (
sfb)
Gegen Migräne, Durchfallerkrankungen und vielerlei andere Beschwerden ist bekanntlich ein Kraut gewachsen. Dass es dieses nicht nur in der Apotheke gibt, bewies indes ein Familienspaziergang an der Lahn entlang. Doris Heineck von der BUND-Ortsgruppe Marburg präsentierte am Sonntagvormittag (19. August) eine bunte Palette von Heilkräutern am Wegesrand.
Die selbst ernannte "Kräuterhexe" zeigte hauptsächlich Pflanzen, die nicht unter Naturschutz stehen. Aber auch die "erlaubten" Kräuter sind laut Heineck eher dazu bestimmt, gezeigt als vertilgt zu werden. An ihrem Standort nahe der Stadtautobahn sind nämlich erhöhte Schwermetallwerte zu vermuten.
Nicht unbedenklich ist auch der Verzehr der leckeren Brombeeere, auf der die Eier des gefährlichen Fuchsbandwurms liegen könnten. Doch nach Erhitzen bei 70 Grad Celsius seien die Übeltäter abgetötet. Die Brombeere schmeckt nicht nur gut, ihre Blätter können - als Tee zubereitet - gegen Durchfallerkrankungen verwendet werden. Vor der Blüte, so die Diplom-Biologin, seien ihre Wirkstoffe am gehaltvollsten, nachher sind sie wirkungslos. Es gab auf der relativ kurzen Wegstrecke bis zum Afföller noch viele andere Kräuter zu sehen: Dort waren der Reinfarn, der Beifuß, auch "Frauenpflanze" genannt, das Johanniskraut, das Weideröschen, die Königskerze, die Brennessel, die weißblühende Schafgabe, der Lang- und Spitzwegerich und nicht zu vergessen: der weibliche Hopfen. Einige dieser therapeutischen Gewächse seien Korbblütler wie der allseits bekannte Löwenzahn, so die Referentin.
Nicht nur optische Erkennungsmerkmale, auch der Geruch sowie die Farbe, die nach Zerreiben der Blätter oder Blüten, entsteht, können zur Identifizierung herangezogen werden.
So gab Heineck ein paar Johanniskrautblätter zum Zerreiben in die gespannt lauschende Runde. Die Blätter sonderten eine rötliche Farbe ab. Vor allem Farbe und viel Sonne bringt dieses Kraut in die dunklen Gemüter von leicht Depressiven.
Der lehrreiche Spaziergang zeigte aber nicht nur, was wogegen wirkt, sondern gab auch Informationen über Erntezeit und Aufbewahrungs- sowie Zubereitungsmöglichkeiten der optisch reizvollen Gewächse preis.
Als zusätzliche Serviceleistung des kostenlosen Erkundungstripps verteilte die Referentin einen gut strukturierten Handzettel, auf dem unter anderem Tipps zum Sammeln, Trocknen sowie Rezepte zur Zubereitung von Heilkräutern nachzulesen sind.
Zum krönenden Abschluss des Spaziergangs spendierte die Biologin einen wohlschmeckenden Tee aus Brennesseln und Schafgabe.
Ähnlich Interessantes über die Natur bietet die BUND-Ortsgruppe Marburg auf anderen Spaziergängen an jedem 3. Sonntag im Monat.



Und sie bewegt mich doch: "Schritte durch die Zeit"


18.08.2001 * (
sfb)
In einem Schnelldurchlauf kann mensch die letzten fünf der insgesamt 15 bis 20 Milliarden Jahre Erdgeschichte passieren. Die Ausstellung "Schritte durch die Zeit - vom Sternenstaub zu uns" macht es möglich. An einem paradisieschen Ort, dem Botanischen Garten der Philipps-Universität, haben ihre Ausrichter - die Deutsche Gesellschaft Agenda 21, Landesverband Hessen e.V. (DGA 21) und das World Institute for a substinable Humanity Sektion Deutschland e.V. (AW.I.S. H.). - am Samstagnachmittag (18.August) die Ausstellung unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Dietrich Möller eröffnet.
"Vor zwei Jahren habe ich die Ausstellung erstmals im südafrikanischen Kapstadt gesehen - allerdings unter Ausschluß der Natur. Jetzt ist da", sagte der Organisator Wolfgang Gerster begeistert.
Die Idee zu diesem Projekt hatte Dr. Sydney Liebes. Sein Arbeitgeber, die Comuterfirma Hewlett Packard realisierte sie.
Die 1997 entstandene Ausstellung nahm dann ihren Weg durch englischsprachige Länder. Dort hat sie insbesondere das Management von Industrie- und Wirtschaftsbetrieben dazu angeregt, neue Perspektiven für die Industrie auszuprobieren.
Georg Nippe, stellvertretender Vorsitzender der DGA 21, schloss sich bei der Ausstellungseröffnung dem Argument an, dass das Projekt zukunftsweisende Anregungen beinhalte. Sie lehre, wie Leben organisiert wird." Dies macht Lust, die Lebensbedingungen der Zukunft nachhaltig zu verbessern."
Wie man im Rückblick auf unsere Ursprünge - weit vor Adam und Eva- Zukunft macht, zeigen 88 Tafeln und Bilder in einer nicht minder geschichtsträchtigen Landschaft, dem botanischen Garten. Anhand der Ausstellungstafeln hat der Besucher Gelegenheit 5 Milliarden Jahre bis zur Gegenwart zu durchlaufen. Fernab von fachwissenschaftlichen Termini sind die Erklärungen für den Laien nicht nur nachvollziehbar, sondern überaus spannend und witzig formuliert. "Es wird familiär" lautet eine Textüberschrift", die mit dem Affen die Entstehung des Menschen ankündigt. Zitate von Prominenten wie Marcel Proust, J.W. von Goethe und Paul Gauguin lösen farblich ansprechende Bild-und Textüberschriften ab. Die Frage aller Fragen auf dem gut strukturierten Ausstellungsgang "Woher kommen wir, was sind wir, wohin gehen wir ...? darf natürlich nicht fehlen. Antworten darauf, die sich der Besucher selbst gibt, können mit den Machern diskutiert werden.
Gesprächsrunden zur Ausstellung finden am Sonntag, dem 19. und 26. August und am 1., 8. und 15. September jeweils um 15 Uhr statt.
Inspirationen liefert die lehrreiche Ausstellung noch bis zum 16. September von 9 bis 18 Uhr.



Rufer am Ufer: Fledermausexkursion für Kinder


14.08.2001 * (
sfb)
Warum hat die Fledermaus so große Ohren? Diese und andere Fragen beantwortete eine Fledermausexkursion für Kinder am Montagabend (13. August). Viele Interessierte, nicht nur Kinder, fanden sich zu der von der BUND-Ortsgruppe Marburg ausgerichteten Veranstaltung in der Gutenbergstraße ein.
Bevor die ersten "Vampire" an Gebäuderitzen und der Lahn um 21.15 Uhr zu sehen waren, gab die Biologin Solveig Lubelei von der Arbeitsgruppe "Fledermäuse" der Philipps-Universität allerlei Wissenswertes rund um das Thema "Fledermäuse" zum Besten. Die kindgerechte Vortragsweise war in ihrer Anschaulichkeit und Lebendigkeit auch für Erwachsene überaus angenehm.
In einem Spiel fanden die Kleinen heraus, dass Fledermäuse gar nicht so schrecklich sind, wie angenommen. Dass sie sich in Mädchenhaaren verfangen, die dann abgeschnitten werden müssen, ist ebenso falsch wie das Märchen von ihrer Blutrünstigkeit. Ihr weitaufgerissener Mund, der dies vermuten ließ, hat damit zu tun, dass die huschigen Flattermänner unermüdlich mit Rufen beschäftigt sind. Die Fledermäuse, so die Referentin, stößt Schallwellen aus, die von ihrer Umgebung als Echo reflektiert werden. Da die Fledermaus nicht gut sehen kann, ortet sie über diese akustischen Informationen die Gegenstände um sie herum. Dies konnten die Kleinen dann spielerisch nachvollziehen, indem sie sich in einen Kreis um ein Kind mit verbundenen Augen stellten. Es sollte wie eine Fledermaus hörbare Signale der Umstehenden ausmachen. Es sagte Fledermaus, die anderen darauf Mücke, - übrigens die beliebteste Beute der Fledermaus.
Interessant war neben der Fingerprobe von Kot auch der "Fledermausdetektor", den die Referentin den Kleinen vorführte. Dieses Gerät macht bei einer Frequenz von mindestens 25 Kilohertz die von den Fledermäusen ausgestoßenen Schallwellen für das menschliche Ohr hörbar. In der Fachwelt unterscheidet man "nasse und trockene" Rufer . Die trockenen Rufer findet man allerdings an Gewässern.
Wie sich das anhört, konnten die Kinder an Hand der Geräte selbst ausprobieren, als die ersten Flattermänner an der Lahn und dem Gebäude des psychologischen Instituts ihre Runde machten. Den Kindern war anzumerken: Es hat richtig Spaß gemacht auf dieser Fledermaus-Exkursion, die auszog, das Fürchten zu verlernen.


29.07.2001 * Abgefahrenes Hobby: 3 Jahre OFM


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