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Kultur


Schwebende Sphären: "strange fruit" über dem Tannenberg


26.05.2001 * (
sfb)
Endlich ist es wieder soweit: vom 7. bis 9. Juni wird die australische Kultgruppe "strange fruit" auf 7 Meter langen Glasfiberstäben über Marburg schweben. Auf eine Einladung des Kulturbüros "Der weisse Wal" und der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) stellt die Künstlergruppe ihre neue Produktion "the spheres" vor.
Diesmal ist nicht der Marktplatz der Ort, an dem das optisch reizvolle Schauspiel stattfindet, sondern der " Platz der weissen Rose". Der neue - vielen noch unbekannte - Stadtteil Marburgs soll der hiesigen Bevölkerung zugänglich gemacht werden, sagte Silvia Röschlein, Projektentwicklerin der SEG auf einer Pressekonferenz am Freitag ( 24. Mai). Der Platz an der ehemaligen Tannenbergkaserne eigne sich aber auch auf Grund seiner Lage hervorragend für die märchenhaften Schwebetänzer. Dadurch, dass der Ort hoch und frei gelegen ist, kommen die künstlerischen Lichteffekte wesentlich besser zur Geltung als anderswo.
Hinzu kommt, dass der Sonnenuntergang zu sehen ist und ein ebenso schöner Blick auf das Marburger Schloß, meinte Veranstalter Reiner Eble. Wenn zu dem prophezeiten Vollmond das Wetter mitspielt, wäre die Vorstellung wie bereits bei den früheren drei Malen gelungen. Bei Regen allerdings fiele die Veranstaltung regelrecht ins Wasser. Die Akteure sind in Papier-Kokons eingesponnen, aus dem sie sich erst im Laufe des phantastischen Spiels herausschälen.
Damit das Lichterschauspiel in vollem Glanz erstrahlen kann, ist als Beginn zehn Uhr abends vorgesehen. Doch schon ab 20. OO Uhr werden die Gäste mit Getränken, Speisen und einem Musikprogramm versorgt. Eble rät, frühzeitig zu erscheinen, um Engpässe und ein zu großes Gedränge zu vermeiden. Da die vorherigen Auftritte von "Strange Fruit" großen Anklang bei der Marburger Bevölkerung gefunden haben, ist das dreitägige event in Marburg Auftakt für eine Europa-Tournee der weltweit gefragten Gruppe. Die bisher ausverkauften Veranstaltungen sprechen für ihre Beliebtheit. Aus diesem Grund empfehle es sich, bereits Karten im Vorverkauf zu besorgen, die bei Tourismus Marketing oder bei der Oberhessischen Presse (OP) erhältlich sind. Die Eintrittskarte zum Preis von 15 DM ist auch als Fahrkarte gültig. Zwei Busse warten ab 20.00 Uhr im Großsportfeld und einer am Bahnhof, um die Kunstinteressierten in den neuen Stadtteil zu bringen.


Schön schnell: "Hilde - die erste und einzige"


24.05.2001 * (
sfb)
Originell war sie ja, "Hilde - die erste und einzige". So lautete
das Abendprogramm in der Reihe "Schön am Mittwoch", durch das Sigrid Giese vom "german stage service" am Mittwochabend (23. Mai) führte. Vor besetzten Plätzen in dem kleinen Raum des Theaters neben dem Turm (TNT) präsentierte die Schauspielerin chronologisch angelegte Stationen aus dem Leben der Hildegard Knef.
"Man muß jetzt etwas ganz anderes tun" heißt ein Knef-Zitat, das auch in der performance einen neuen Lebensabschnitt ankündigte. Diesem Satz folgte die Marburger Schauspielerin, wenn sie Barhocker, Videogerät, einen Fernseher oder CD-Player in schnellem Wechsel betätigte. Dann wieder bediente sie eine Rassel zu einem Chanson der Knef: "Eins und eins das macht zwei."
Im Dienst der Sache kommentierte sie, rezitierte aus Werken der Diva oder arrangierte kunstvoll inszenierte Videoaufnahmen. Sich selbst zurücknehmend riß sie nur die Themen an. Den Rest besorgten Hörproben oder Filme, die über das weitere Auf und Ab im Leben der vielseitigen Künstlerin informierten.
So erfuhr man etwas über die Knef als Buchautorin. Ihr meist rezensiertes und besprochenes Werk "Der gestohlene Gaul" führte die Bestsellerliste in der New York Times an. Es wurde in 17 Sprachen übersetzt.
Als Schauspielerin beeindruckte Hildegard Knef in dem Film "Die Mörder sind unter uns". Während Ruth Leuwerik oder Maria Schell die NS-Verbrechen in ihren Rollen überspielten, bekannte die Knef in diesem Film Farbe. Im Originalton war zu hören, wie sie sich über die Doppelmoral der Bürger im Nachkriegsdeutschland empörte. In dem Maße, wie sie die NS-Verbrechen verschwieg, ärgerte sich die deutsche Volksseele über den Film: "Die Sünderin". In ihm posierte die Knef in einer skandalträchtigen Nacktszene von secheinhalb Sekunden. "Das darf man nicht", lautete der Schriftzug auf einer Pappe, die Giese herumzeigte.
Außerdem war zu hören, wie die Knef in ihrer unsentimentalen Saft- und Kraft-Sprache, über sich als ein Stück Hackfleisch spricht. Interessant ist hierzu die szenische Umsetzung. Während die einst krebskranke Knef von ihren Bauchoperationen erzählt, schneidet Giese ein Kissen auf, um es anschließend zu verklammern. Trotz der Tiefs im Leben der Knef spricht sie allerdings von einem Extrastoß an Kraft in ausweglosen Situationen; woher die kommt, wisse sie selbst nicht.
Gelungen war, dass sich Sigrid Giese angemessen zurücknahm. Allerdings hat die Vielzahl an dramaturgischen Mitteln irritiert. In rascher Abfolge oder gleichzeitig eingesetzt, haben sie die Aussage eher überlagert als transportiert. Es blieb kaum Zeit, den Inhalt auf sich wirken zu lassen. Doch das Publikum schien mit dieser Reizüberflutung einverstanden zu sein.


Havanna im "Roten Stern": Miguel Mejides las in Marburg


23.05.2001 * (
FJH)
"Ich würde gern schreiben wie Thomas Mann, aber ich bin nur ein Bauer, ein Vögelchen im großen Wald der Literatur", sagt Miguel Mejides von sich. Immerhin fünf Jahre lang war dieses "Vögelchen" Vorsitzender des kubanischen Schriftstellerverbands. Am Mittwoch (23. Mai) las Mejides im Cafe "Roter Stern" aus seinem Roman "Bourgoisie". Außerdem berichtete er über seine schöpferische Arbeit im Kuba der 90er Jahre. Dort nennt man diese Zeit seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion "problematische Periode". 85% des Außenhandels sind damit zusammengebrochen.
In den Zeiten Silvio Berlusconis - so Mejides - sei die einst staatliche Zensur durch Verlagskonzentration privatisiert worden. Für ihn sei es heute einfacher, ein Buch in Kuba zu veröffentlichen, als seine deutsche Übersetzung auf den Markt zu bringen.
"Egal, ob ein Schriftsteller konservativ oder - wie ich - Kommunist ist, wichtig sind vor allem die Menschen, über die er schreibt", meinte der 50jährige Autor. Seine Romane klassifizierte er als "lateinamerikanischen Stil", der sich aus einer Art Collage kleinerer Erzählelemente zusammensetzt.
Mejides schreibt abwechselnd einen langen Roman und ein kurzes Buch. "Wenn ich zu lange an einem Roman schreibe, gewinnen die Figuren Macht über mich. Sie pissen mich an. Aber ich pisse zurück." Um Abstand von ihnen zu gewinnen, folgt dann das kurze Werk, das den Kopf wieder freimacht für einen neuen Roman.
Der Titel seines jüngsten Romans könnte etwa mit "Herr spätes Mädchen" übersetzt werden. Darin schildert er die Versuche eines 50jährigen Schriftstellers, die junge Freundin seines Sohnes für sich zu gewinnen. Da er seinen Kopf auswechseln kann, tauscht er ihn mit dem eines jungen Tänzers des Nationalballetts und gewinnt sie. Die zieht ihm dann aber doch einen reichen Genfer vor. 20 Jahre später treffen sie sich wieder. Der - jetzt 70jährige Schriftsteller hat zwar wieder einen ganz jungen Kopf, aber sie ist nun um 20 Jahre gealtert.
In "Bourgeoisie" beschreibt Mejides das Leben in einem Haus am "Prado", der Hauptstraße von Havanna. Dort hat er selbst einige Jahre lang gewohnt. "Wenn ich in Spanien, Frankreich oder Italien lese, dann lachen darüber immer alle", berichtete er, "aber in Deutschland nie! Die Deutschen gucken immer alle verbissen wie Polit-Kommissare!" Diese Beobachtung musste er in Marburg revidieren. Als Organisator Johannes M. Becker vom Marburger Forum eine Szene vorlas, lachten die gut 50 Besucherinnen und Besucher über die Kritik der Muttter an den italienischen Modezeitschriften ihrer Tochter. Darin küssen sich zwei Frauen und die Mutter schimpft:"Diese Italiener aber auch!".


Prima Premiere: "FlussPferde " im Tasch


20.05.2001 * (
sfb)
Im Galopp hat "FlussPferde" die Herzen der kleinen wie großen Zuschauer erobert. Am Samstagnachmittag (19. Mai) feierte das Kinderstück nach Anneli Mäkelä im Theater am Schwanhof (Tasch 2) Premiere.
Springend, wiehernd, den RÜcken schabend oder mit der Hufe kratzend, agierte Erika Spalke in der Rolle eines schlanken und agilen Pferdchens. So schien es, als wäre sie direkt der Phantasie der schwedischen Autorin entsprungen.
Das Flusspferd (Gabriel Spagna) kommt im Kontrast dazu fett, gefräßig, steif und häßlich daher, aber durchaus nett und liebenswürdig. Dass dieses Tier im Wasser lebt, veranschaulicht ein süßer Trickfilm auf einer Leinwand.
Das Flusspferd und das Pferd unterscheiden sich offensichtlich, aber man sieht sehr wohl, dass beide Tiere Pferde sind. Das behauptet auch jedes von sich, während es dem anderen das Recht dazu abspricht.
Doch bald schon wendet sich das Blatt: Plötzlich denken beide, dass nicht mehr es selbst, sondern das andere die Spezies "Pferd" vorbildlich verträte. In tragikomischen Verrenkungen eifern sie schließlich dem Bild nach, das der widerpart von einem - angeblich richtigen - Pferd gezeichnet hat.
Besondere Belustigung erregte die Szene, in der das Flusspferd versucht abzunehmen, um so schön tanzen zu können wie der schlanke Paarzeher. Dieser wiederum frißt sich ordentlich Speck an, um endlich wie das Flusspferd schwimmen zu können. Mit viel Witz und pädagogischem Geschick nahmen die zwei Schauspieler die Kinder liebevoll an die Hand und zeigten, wohin es führen kann, wenn Lebewesen gegen ihre wahre Natur handeln und sich anpassen. Sie zeigten aber auch den Ausweg in ein happy-end: In einer anrührenden Versöhnungsszene erkennen beide, dass sie trotz äußerer Unterschiede im Grunde doch gleich sind. Freude und Begeisterung in den Kindergesichtern bewies, dass die Kleinen dem Handlungsverlauf gut folgen konnten.
Das von Anahita Mahintorabi kindgerecht inszenierte Stück mit philosophischem Pfiff ist auch für Erwachsene eine überaus sehenswerte Lektion in Sachen Selbsterkenntnis und Freundschaft. Für die beachtliche Umsetzung dieses Stücks ernteten die Schauspieler - zu recht - frenetischen und lange anhaltenden Applaus.


Auftritte: Hessische Theatertage vom 8. bis 14. Juni


10.05.2001 * (
sfb)
Weil es so schön war, finden die hessischen Theatertage vom 8. bis zum 14. Juni wieder einmal in Marburg statt. Darin waren sich die Intendanten der Staatstheater Wiesbaden, Darmstadt und Kassel, das Stadttheater Gießen sowie Das hessische Landestheater Marburg auf einer Pressekonferenz am Donnerstag (10.Mai) einig.
Mit insgesamt 26 Aufführungen sind diese Bühnen an 7 Spielstätten im Deutschhauskeller, Erwin-Piscator-Haus (EPH), Fürstensaal des Landgrafenschlosses und im Theater am Schwanhof (TaSch) vertreten. Auf dem Spielplan stehen Ur- und Erstaufführungen, Tanztheater, Kinder- und Jugendtheater bis hin zu Konzerten und Chansonabenden. Jedem Theater steht jeweils ein Tag für seine Darbietungen zur Verfügung, wenn auch gleichzeitig an verschiedenen Spielstätten.
So präsentiert beispielsweise das Stadttheater Gießen zum Auftakt am Freitag (8. Juni ) um 20 Uhr den "Woyzeck" von Georg Büchner in der Stadthalle, während im TASCH 2 das Stück "Familiengeschichten. Belgrad" nach Biljana Srbljanovic, und die Tanzkompagnie Gießen mit "Time warp" im TASCH 1 ihre eigenen Tanzchoreographien vorstellen.
Mit immerhin 6 Veranstaltungen ist das hessische Staatstheater Wiesbaden am Samstag (9.Juni) zu sehen. Neben den Stücken. "Drei mal leben" von Yasmina Reza " und "Kindertransport" von Diane Samuels liefert das Theater ein breitgefächertes Musikprogramm. Unter dem Titel "Gassenhauerl?!" wird ein Konzert der Kammermusikvereinigung Werke von Ludwig van Beethoven, Felix Mendelsohn-Bartholdy, Max Reger, Alexander von Zemlinsky im Landgrafenschloß zum Besten geben.
Eine ausgefallene Inszenierung des Stücks "MEZ", Monolog für eine Frau von Roland Schimmelpfennig präsentiert das Theater Darmstadt am Sonntag (10.Juni) im Landgrafenschloss: Die Schauspieler führen die Gäste in die benachbarten Räume sowie in den Park des Landgrafenschlosses. Des weiteren stehen die Stücke "Ein schreckliches Kind" von Petter Rosenlund und der Chansongabend "Mein Herz klopft so laut und so wild." sowie Darbietungen des Tanztheaters "Sandkasten. Fragmente" auf dem Tagesprogramm.
Die Gastgeber aus Marburg schließen am Dienstag ihr antikes Projekt ab mit den Dramen "König Ödipus" nach Sophokles sowie die "Troerinnen des Euripides"von Jean Paul Sartre. Eine einmalige Vorstellung ist dem erotisches Nachtprogramm: Die Nacht ist nur zum Schlafen da" gewidmet. Kindern soll dann im TASCH mit "Flußpferde" der Unterschied zwischen Fluß- und richtigen Pferden nahe gebracht werden. An gleicher Stelle präsentiert die Musikschule Marburg um 18.00 Uhr ein Konzert mit einem breitgefächerten Angebot.
Zu guter Letzt stellt das Staatstheater Kassel neben den Klassikern "Stella" von Johann Wolfgang von Goethe oder Hamlet nach William Shakespeare eine Lesung mit Gedichten von Charles Bukowski vor, die ihn in einem unbekannt lyrischen Licht erscheinen läßt.
Um dieses reichhaltige Angebot nutzen zu können, empfehlen die Ausrichter der Theatertage einen Festival-Pass, mit dem die Eintrittskarten an den Theaterkassen gekauft werden können.


Literarische Ausgrabung: Ilse Langner passiert Re-Vue im KFZ


09.05.2001 * (
sfb)
Längst Vergessenes kam aus einem Koffer wieder zum Vorschein. Am Dienstagabend (8. Mai) stellten Birgitta M. Schulte und die Frankfurter Schauspielerin Cornelia Niemann mit ihrem Programm "Ilse Langner - eine Re-vue" die gleichnamige Schriftstellerin (1899 - 1987) im Kulturladen KFZ vor.
"Ich will die Welt hinreißen" lautet der Titel des Buches von Birgitta M. Schulte, aus dem Passagen zum Leben und literarischen Wirken der Autorin vor überwiegend weiblichem Publikum zum Besten gegeben wurden. Die meisten literarischen Erzeugnisse der aus Schlesien stammenden Ilse Langner weisen autobiographische Züge auf. Dieser Tatsache trugen die zwei Vortragenden in einem interessanten Rollenspiel sowie einem symbolträchtigen Bühnenarrangement an Hand einer Schreibmaschine und einem Koffer Rechnung.
Der Part von Niemann bestand darin, dass sie aus den Werken der Schriftstellerin vorlas. Dabei stellte sie - für die Zuschauenden unverkennbar- ihr schauspielerisches Können unter Beweis. Die ironisch vorgetragenen Textbeispiele aus der Komödie "Die Amazonen" entlockten dann den einen oder anderen Lacher.
Schulte lieferte im Wechsel dazu passende Kostproben aus Ilse Langners Biographie. So war zu erfahren, dass die Schriftstellerin ihre Jugend während der Zeit des 1. Weltkrieges im schlesischen Breslau verbracht hat. Ihr ambivalentes Verhältnis zu ihrer Mutter hat sie in dem Theaterstück "Puppenspiel" oder in dem 1945 erschienenen Roman "Flucht ohne Ziel" verarbeitet. Ihre Mutter bevormundete die Tochter zwar, war aber auch fürsorglich und vermittelte ihr den im Leben einer Frau nötigen Kampfgeist: "Kämpfe, denn keiner schenkt dir auch nur eine Hasenpfote." heißt es. Das Verhältnis zu ihrem hochgebildeten Vater läßt sich ebenfalls über Langners literarischen Erzeugnisse erschließen. In der Komödie, die "Amazonen" erscheint er in der Rolle des Odysseus als barbarisch und eitel. Weitere Themen von zahlreichen Romanen, Theaterstücken und Reisetagebüchern sind die zwei Weltkriege.In der oftmals zitierten Komödie die "Amazonen", ihr wohl bedeutendstes Machwerk, kritisiert sie vor allem die Kriegslüsternheit und den Nationalismus der damaligen Zeit. Das Tippen auf einer Schreibmaschine vergleichbar dem Rhythmus eines knatternden Maschinengewehrs untermalt dabei den Inhalt des Gelesenen. Ein anderes Thema ist die Ungerechtigkeit gegenüber Frauen, auch wenn sie sich nicht explizit zur organisierten Frauenbewegung bekennt. Deren Vertreterinnen, die sie abschätzig mit einem abgründigem Moor oder einem Hefeteig vergleicht, stimmten zu Beginn des 20.ten Jahrhunderts in das Geheul der Kriegsbegeisterten ein. Interessant auch hierzu die szenische Begleitung: Rücken an Rücken positionierten sich die Vortragskünstlerinnen. Ilse Langner war Zeit ihres Lebens überaus produktiv: Sie hat mehrere Dramen, Reisetagebücher und Romane geschrieben. Zu ihrem Leidwesen blieb sie allerdings bis in die heutige Zeit unbekannt, - ein Mißstand, dem die Autorin Birgitta M. Schulte mit der Lesung und ihrem Buch "Ilse Langner 1899-1987)-Ich möchte die Welt hinreißen" zu begegnen sucht. Vielleicht klappt es ja jetzt.


Dunkles zu Weiss: Wölzes "Pergagamon"


08.05.2001 * (
sfb)
"Wo viel Licht, ist auch viel Schatten." Dieser Satz mag auf die derzeitige Ausstellung "Pergamon" zu Peter Weiss "Die Ästhetik des Widerstands" zutreffen. In den hellen Räumen der Marburger Kunsthalle erscheinen düstere Ölgemälde des Wiener Künstlers Rainer Wölzel indes im besten Licht.
Wie der Name des antiken Pergamon verrät, präsentiert der mehrfache Preisträger und Stipendiat Motive aus der griechischen Schöpfungsmythologie. Die in Öl gemalten Exponate zeigen zumeist gesichtlose Gestalten, die äußeren Gewalteinwirkungen wehrlos ausgeliefert sind. Gedrückt und an Gliedmaßen zerstört verharren sie am Boden oder werden vom Hintergrund des Bildes absorbiert. Gleichsam ersticken die dominierenden Dunkeltöne die mitunter grünen oder gelben Farbtöne, die wie vernebelt wirken. Wie stumme und schwerfällige Zeugen, ihres lebendigen Ausdrucks beraubt, sprechen auch eine Guillotine oder Kampfhubschrauber, die aus dem Nebel auftauchen, eine beredte Sprache, die jedes Wort der Anklage zu unterdrücken scheint. Resignation und Hoffnungsloskeit, wohin das Auge blickt, hinterlassen beim Betrachtenden ein Gefühl der Beklemmung. Gelegentlich wird die Tristesse auflockert durch das bunte Landschaftsbild "Berlin, Am großen Wannsee" in kräftigem Grün und Blau beispielsweise oder in einem anderen Bild ein in knallroten Farben gemaltes Pferd. Bei näherer Betrachtung jedoch erscheint dies ebenso starr und tot wie die Objekte in den übrigen Bildern. Die dargestellte Zerstörung wird neben der farblichen Komposition auch in der räumlichen Anordnung umgesetzt. Die mosaikhaft zu einem Block lose zusammengefügten Bilder erwecken den Eindruck, dass das Bildganze - höchst sensibel und zerbrechlich - in seine Bestandteile zu zerfallen droht. Obschon die Bilder in ihrer Abwärtstendenz beklommen und traurig machen, überwiegt doch ihr ästhetischer Reiz. Besonders hervorzuheben ist ein finster dreinblickendes Augenpaar, dass zwar unendliche Traurigkeit, aber auch viel Tiefe und Ungesagtes ausdrückt. Sparsam verwendete Striche oder in unterschiedlichen Schattierungen übereinandergelagerte Linien beflügeln trotz ihrer abstrakten Schlichtheit die Phantasie des Betrachtenden. Der diplomierte Künstler hat mit seiner 1998/99 entstandenen Bilderfolge "Pergamon" auf einen autobiographischen Roman des deutschen Schriftstellers Peter Weiss reagiert. In seinem dreibändigen Werk "Die Ästetik des Widerstands" zieht Weiss ein Resümee seines künstlerischen und politischen Lebens.
Die in Der "Nacht der Kunst" eröffnete Ausstellung ist noch bis zum 13. Juni in der Kunsthalle zu sehen. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis samstags jeweils von 11 bis 13 Uhr und 15 bis 19 Uhr. Sonntags ist "Pergamon" durchgehend von 11 bis 17 Uhr geöffnet.



Zündend: Uli Düwert interpretierte Bert Brecht


07.05.2001 * (
sfb)
"Besser eine Kerze anzünden, als im Dunkeln fluchen." Gemäß dieser Aufforderung verstand es der Schauspieler Uli Düwert am Sonntagabend (6. Mai) in der Waggonhalle, die Begeisterung von immerhin 20 Gästen zu entzünden. Mit dem Programm "Frieden kriegen und Verständnis" interpretierte er Lieder und Gedichte von Bertold Brecht.
"Wieder denken!" war ein weiterer Spruch des Meisters auf einer Tragetasche, mit der die Bühne ganz im Sinne des epischen Theaters arrangiert war. Ebenso angemessen hat Düwert mit seiner beeindruckenden Vortragsweise auf die Texte von Brecht reagiert. Unter Einsatz von Gitarrenklängen, einer abwechslungsreichen Intonation und einem ebenso variablen Minenspiel hat der erfahrene Schauspieler, das sonst so dröge anmutende Metrum und Reimschema beachtend, den Gedichten Brechts eine rhythmische Lebendigkeit und Klangfarbe verliehen. So wurde ein breites Spektrum an Stimmungen aus dem Text und somit den Zuschauenden herausgeholt, die sichtlich beeindruckt schienen.
Ohnmächtige Wut und Verzweiflung überkommt einen, wenn es in dem Gedicht "Legende vom toten Soldaten" heißt :"Es kommt ein Morgenrot, doch der Soldat, wie er es gelernt, zieht in den Heldentot." Nachvollziehbar war ebenso die Resignation in dem "Lied einer deutschen Mutter", die vergeblich auf die Rückkehr ihres Sohnes aus dem Asienkrieg wartet.
Der erste Abschnitt der Lesung, der mit "Krieg und Tod" überschrieben war, ging in das Thema "Krieg und Hoffnung" über, um dann Gedichte zu rezitieren, die Brecht 1941 im Exil in Finnland verfasst hat. Wie die Gedichte "Zufluchtsstätte" und "An die Nachgeborenen" ausdrücken, ist die Hoffnung auf einen Ausgang aus den zuvor beschriebenen Kriegswirren durchaus berechtigt.
Der dritte Abschnitt " Die Missachtung, Das Verständnis, Das Freundliche" bot dann viel Nachdenkliches. Brecht appelliert an das Verständnis mit denen, die Unrecht tun. Denn "ihre Sünden sind zwar schwer, aber ihr Leid ist groß.
Am Ende des Vortrags stand das Lied "Am Grunde der Moldau", in dem die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft in der Gewissheit siegt, dass die Zeiten sich ändern. "Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine", heißt es da, "Die Nacht hat zwölf Stunden, und dann folgt der Tag."
Die Auswahl der Gedichte und Lieder war so angelegt, dass die ZuhÖrenden dann doch noch Hoffnung und Zuversicht entwickeln konnten. Außerdem machten die überaus lebendig vorgetragenen Werke Brechts neugierig, sich näher mit ihnen zu befassen. Auch bekannte Texte aus der Feder des Meisters erschienen durch die eigenwillige Interpretation Düwerts in einem ganz neuen Licht. Bestimmt ist den ZuhÖrenden auch sonst ein Licht aufgegangen, als sie -sichtlich beeindruckt - die Veranstaltung verließen.


museums-Marathon: Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da!


04.05.2001 * (
FJH)
Die Nacht begann schon um 17 Uhr. Bis 1 Uhr in der Frühe können Interessierte am 47 Veranstaltungen an 22 unterschiedlichen Orten teilnehmen. Zum zweitenmal haben Marburgs Museen und Galerien am Freitag (4. Mai) die "nacht der Kunst" ausgerufen, nachdem die erste gleichnamige Veranstaltung ein voller Erfolg war.
Auch diesmal startete die "Nacht der Kunst" mit großem Andrang: Bei der Eröffnung von Jürgen Brodwolfs "Figurenräumen" im Universitätsmuseum an der Biegenstraße reichten die Stühle kaum aus, um allen Kunstbeflissenen Platz zu bieten.
Tücher und Tuben sind die Materialien, die der Objekt-Künstler bei seinen Plastiken bevorzugt. Die Ausstellung in Marburg ist zweigeteilt: Im Rittersaal auf dem Landgrafenschloss und im Ernst-von-Hülsen-Haus an der Biegenstraße präsentiert Brodwolf bis zum 24. Juni seine Werke.
Dauerhaft in Marburg bleiben wird eine Grablege des Künstlers, die das Universitätsmuseum dank finanzieller Unterstützung der Hessischen Kulturstiftung und seines eigenen Fördervereins käuflich erwerben konnte. So übergab Horst Pieringer, stellvertretender Vorsitzender der "Freunde des Universitätsmuseums" bei der Vernissage die Skulptur an Museumsdirektor Jürgen Wittstock.
Pünktlich um 18 Uhr war dann die Vernissage zu Ende; der Tross der Kunstsinnigen konnte die nur wenige Meter entfernte Kunsthalle gerade noch rechtzeitig zur Eröffnung von Rainer Wölzls "Pergamon" erreichen.
Nächste Station der Kultur-Rallye war dann der Marktplatz, wo die "Nacht der Kunst" um 19 Uhr mit Blasmusik und Redebeiträgen offiziell eröffnet wurde.
Auch der beste Marathonläufer dürfte dann aber Schwierigkeiten bekommen haben, pünktlich um 19.30 Uhr zur nächsten Vernissage im Arbeitsgericht zu erscheinen. Vielleicht zog mancher da die romantische Musik vor, die im "Haus der Romantik" am Marktplatz auf die künftigen Ausstellungen in dem alten Fachwerkhaus einstimmen sollte, wo bis zur Einweihung der neuen Kunsthalle am Gerhard-Jahn-Platz noch der Kunstverein residierte.
Aber die Nacht ist ja noch lang, und vielleicht ist die Stunde nach Mitternacht dann der passende Zeitpunkt für den Besuch des Anatomischen Museums in der Robert-Koch-STraße mit seinen teils doch etwas grauseligen Exponaten.


Erotisch-errortischer: "Maddin" Schneider in der Stadthalle


03.05.2001 * (
sfb)
Auf RTL, HR, 3 Sat, - oder war es auf SAT 1? - ist er schon gesehen worden. Am Mittwochabend (2. Mai) zog es seine Fans auf eine Einladung des KFZ nun auch zahlreich in die Marburger Stadthalle. Mit dem Programm "Maddin - jetzt noch erotischer" beglückte der Marburger Komiker Martin Schneider vor allem die Damen. Warum wohl? Bestimmt war sein mit sonorer Männerstimme gehauchtes "Cappucino" Schuld daran. Oder lag es vielleicht an den spätkindlichen Prägungen, die an den Mutterinstinkt der ladies appellierten? Jedenfalls verfolgten die Prägungen ihn das ganze Leben - und gleichermaßen, wenn auch nicht ganz so lange - das männliche wie weibliche Publikum.
Es fing an im hessischen Burgholzhausen, wo er im zarten Alter von acht Jahren bei seinem Freund Hans-Jörg "Das Urmel aus dem Eis" im Buntfernseher sah. Ursprünglich setzte Maddin den "Quode- Renner"Urmelche muß schlafen gehen" als beruhigendes Wiegenlied ein, weil er unter seinem Bett einen Indianer vermutete. Dieser tauchte bei der Führerscheinprüfung einige Jahre später zwar nicht mehr auf, aber "Maddin" sang immer noch das gleiche "Liedsche", um Stress zu bewältigen. Das nützte jedoch nicht viel, da ihm gleichzeitig eingefallen war, dass er den heimischen Herd nicht abgestellt hatte, weshalb er mitten auf der Autobahn umkehren musste.
Ein deja-vu-Erlebnis ganz besonderer Art, das Maddin mit "Urmelchen aus dem Eis" hatte, geschah nach dem Genuss von zu vielen Plätzchen, die er bei seinem Freund Hans-Jörg fand. Nicht nur, dass deren Vorkommen ihn sehr wunderte, da sein Freund doch "ka mädsche is", auch der traurige Seeelefant aus dem Kinderfilm kroch in ungeahnten Ausmaßen aus dem Fernseher, um von Maddin gestreichelt zu werden.
Es folgten andere situationskomische Szenen, die sich im Kaufhaus, in der Sauna, im Umgang mit den Zeugen Jehovas, mit zuviel Klopapier im Ohr oder nach gewissen Fussmassagen abspielten. So geschickt und abwechslungsreich diese auch miteinander kombiniert oder in immer wieder neue Zusammenhänge gestellt wurden, auf Dauer hätten sie sicher gelangweilt, wenn nicht die optischen Reize ihr Übriges getan hätten. "Ich bin einfach zu schön," sagte Schneider ganz ohne Selbstironie. Bestimmt hatte er damit seine unverwechselbare und zum Markenzeichen avancierte Mimik und Gestik gemeint, die - gepaart mit einem breit vorgetragenen Hessisch - die eine oder andere, vor allem gegen Ende der Vorstellung schwächer werdende, Pointe aufpeppten.
So sprang Maddin wie ein Massai -Krieger in die Höhe, als er am Baggersee, einem - wie er es nannte - Übungsplatz für erste erotische Nahkampfaktionen, auf eine "alleinliegende Italienerin" traf. Angeblich spontane Einlagen sollten die Comedy-Show wohl zusätzlich auflockern, wenn er mit Katja, einer Frau aus dem Publikum, in erregtem Minenspiel flirtete, oder in ähnlichen Verrenkungen vor einer Fotografin posierte. Um der Volksseele zu guter letzt noch einmal richtig einzuheizen, fiel ihm leider nichts Besseres ein, als Kunde davon zu geben, was passiert, wenn man nach Genuss von Zwiebeln in den ruhiggelegten Whirlpool geht. Den Schluss hat er dann noch retten können, indem er weitere Zugabeforderungen der aufgekochten Zuschauermenge raffiniert abwehrte. Er gab ein Poesiealbum herum und schickte die Leute nach Hause mit der Frage: "Worauf wartet ihr noch?"


27.04.2001 * Martyrium mit Martha: Eine Schreibmaschine als Geliebte?


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